Mittwoch, 23.04.2025

Landkreis Wittenberg (md/wg). Der Tag der Industriekultur wird vom Netzwerk Industriekultur Sachsen-Anhalt (NIK) organisiert. An rund 80 Standorten wird am Sonntag, dem 13. April, ein umfangreiches Programm mit Veranstaltungen und Sonderöffnungen für die ganze Familie geboten, die ein ganzes Land im Zeichen der Industrie und ihrer Geschichte verbinden.

Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra lädt dazu ein, die vielfältige Industriegeschichte Sachsen-Anhalts kennenzulernen: „Einmal mehr zeigt der Tag der Industriekultur auf welch reiches und vielfältiges industriekulturelles Erbe wir zurückblicken dürfen. Sachsen-Anhalt verfügt über ikonische Orte der Industriekultur, deren Sichtbarkeit sich auch der Arbeit des NIK verdankt.“ Orte wie Ferropolis zeigten, dass Sachsen-Anhalts Industrie- und Innovationsgeschichte weit über die Landesgrenzen hinaus strahle: „Ich freue mich daher sehr, dass das NIK gemeinsam mit der Mitteldeutschen Gesellschaft Industriekultur und der Ferropolis Stiftung Industriekultur zu den Gründungsmitgliedern des neuen Bundesverbands Industriekultur zählt“, so Robra.

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Annaburg

Die Anfänge der Annaburg Porzellan GmbH gehen bis in das Jahr 1874 zurück. Als Hauptprodukt wurden Küchengarnituren produziert. Im Jahr 1883 wurde die Steingut Manufaktur zur Annaburger Steingutfabrik, die eine enorme Entwicklung nahm und mehr als 300 Mitarbeiter beschäftige. In der ab 1895 existierenden Annaburger Steingutfabrik AG wurden in 12 Brennöfen hochwertige Steingutgeschirre, Kunsttöpferreien und Plastiken gebrannt. Bis zur Wirtschaftskrise 1928 wuchs die Belegschaft auf 600 Mitarbeiter, reduzierte sich dann wieder wirtschaftskrisenbedingt. Nach 1945 produzierte das Werk Annaburg unter unterschiedlichen Namen, 1992 erfolgte die Privatisierung an das Unternehmen Ceraplan GmbH. Der Betrieb war bis 2015 der einzige Geschirrporzellan-Hersteller in Sachsen-Anhalt.

Nach der Insolvenz der Annaburg Porzellan GmbH 2015 gründete sich der „Förderverein Annaburger Porzellaneum e.V.“ mit dem Ziel, für den Erhalt der über 150-jährigen Tradition der Porzellanherstellung in Annaburg zu sorgen. Das kleine Museum, das Malatelier und der Porzellanshop mit Imbiss werden vom Verein weiterbetrieben, eine Schauproduktion lädt zum Anschauen und Mitmachen ein. Zum Tag der Industriekultur hat das Porzellaneum von 10 bis 16 Uhr geöffnet, Führungen werden zu jeder vollen Stunde zwischen 10-14 Uhr angeboten.

Die Darre Annaburg ist die erste Großdarre Preußens und wurde 1903 in Betrieb genommen. Gebaut wurde sie, um den großen Bedarf an Kiefernsaatgut zu decken. In dieser Darre wird mittels zirkulierender Warmluft aus den Zapfen der Nadelbäume das Saatgut gewonnen. Das Gelände wird durch zwei Gebäude geprägt: dem Trockenschuppen in Holzbauweise und dem dreistöckigen Darrhauptgebäude. In der Darre Annaburg wurde erstmals eine völlig neu entwickelte Technik der Saatgutreinigung eingesetzt, bei der die reine Handarbeit stark reduziert und durch Maschinenarbeit ersetzt wurde.

Heute wird noch immer ohne große Veränderungen Saatgut, nicht nur für Sachsen-Anhalt, erzeugt und die Waldbesitzer mit herkunftsgesichertem und qualitativ hochwertigem Vermehrungsgut versorgt. Zum Tag der Industriekultur hat die Landesdarre von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen finden um 10, 13 und 15 Uhr statt, maximale Gruppenstärke: 15 Personen. Es wir um Anmeldung per Mail an: Landesdarre@lzw.mlu.sachsen-Anhalt.de gebeten.

Coswig

Der Kupferhammer Thießen ist das einzige erhaltene und funktionsfähige Hammerwerk in Sachsen-Anhalt. Wahrscheinlich vor 1600 an der Rossel errichtet, ist es bis heute ein interessantes technisches Denkmal. Bereits 1958 unter Denkmalschutz gestellt, wurde noch bis 1960 mit dem Hammerwerk gearbeitet und in der Kupferschmiede wurden bis in die 1970er Jahre Badeöfen und Waschkessel hergestellt. 1983 wurde die Anlage vollständig konserviert, so dass Besucher heute noch die frühere Arbeitsatmosphäre im Kupferhammer spüren können. Bis zu 120 Schläge pro Minute waren mit dem zentnerschweren Hammer möglich, um das Kupfer zu bearbeiten. Zum Tag der Industriekultur ist der Kupferhammer Thießen von 12 bis 19 Uhr inklusive Café geöffnet. Dargeboten wird eine Ausstellung zur Technik, außerdem das Wasserrad in Funktion.

Gräfenhainichen

Im Freilichtmuseum Ferropolis erleben Besucher eine faszinierende Zeitreise zwischen Vergangenheit und Zukunft. Fünf imposante Bagger-Giganten, jeder mit einer einzigartigen Geschichte, thronen heute auf einer Halbinsel im gefluteten Gremminer See, der einst Teil des Tagebaus Golpa-Nord war. In den 1970er-Jahren musste das Dorf Gremmin dem Bergbau weichen. Die Halbinsel spielte eine zentrale Rolle im Tagebau, denn hier befand sich die 30kV-Umspannstation, die die Elektroenergie aus dem Kraftwerk Zschornewitz in Betriebsstrom für die riesigen Tagebaugeräte umwandelte. Ein Teil der originalen Schaltanlage kann noch heute besichtigt werden.

Ferropolis ist mehr als ein Museum: Die beeindruckende Kulisse dient als Schauplatz für ein abwechslungsreiches kulturelles Programm mit Festivals, Sportevents, Flohmärkten und sogar der deutschen Grillmeisterschaft. Am Sonntag hat Ferropolis von 10 bis 19 Uhr geöffnet, Sonderführungen finden um 11, 13 und 15 Uhr statt. Für Kinder gibt es den Kohle-Kompass – offenes Experimentieren zum Thema Braunkohle.

Die historische Bauschlosserei und Schmiedewerkstatt August Reinhard in Gräfenhainichen, Marktstraße 10, hat von 9 bis 17 Uhr geöffnet und bietet einen Einblick in Lebensweise, Traditionen und Handwerk vor 100 Jahren. Die vielfältigen Ausstellungen machen die verschiedensten Bereiche handwerklicher Geschichte und Gräfenhainicher Historie zu Beginn des letzten Jahrhunderts greifbar. In der historischen Schmiede und den Werkstätten von Schuhmacher, Schneider und Uhrmacher erhalten Besucher anhand der alten Arbeitsgeräte eine Vorstellung vom handwerklichen Geschick der Arbeiter. Für Interessierte gibt es Führungen und unter dem Motto „Einladung zum Anrollen“ können Besucher erleben, wie vor 120 Jahren Wäsche geglättet wurde. Foto: W. Gorsboth

Von Redaktion

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