Freitag, 28.11.2025

Wittenberg (md/wg). Fast zehn Jahre war er Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, viele nannten ihn einen Landesvater. Nun ist Wolfgang Böhmer gestorben. Er verstarb nach Angaben der CDU am vergangenen Wochenende im Alter von 89 Jahren. Der am 27. Januar 1936 in Dürrhennersdorf (Sachsen) geborene Böhmer war verwitwet und hatte 2004 zum zweiten Mal geheiratet.

Böhmer engagierte sich bereits in der DDR in der evangelischen Kirche. Bevor Böhmer 1990 in die Politik kam, verbrachte er sein Berufsleben als Arzt. Jahrzehntelang arbeitete er als Chefarzt der gynäkologischen Abteilung des Paul-Gerhardt-Stifts in Wittenberg. 1990 wurde er Mitglied der CDU und in den ersten Landtag von Sachsen-Anhalt nach der Wiedervereinigung gewählt. Von 1991 bis 1994 war er Finanz- und dann Arbeitsminister in einer CDU/FDP-Regierung. Nach einer verheerenden Wahlniederlage der Union übernahm er 1998 die Führung von Sachsen-Anhalts CDU.

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2001 avancierte er zum Fraktionschef und CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2002. Mit ihm fuhr die CDU einen klaren Sieg ein und bildete mit der FDP eine Koalition. Nach vier Jahren Amtszeit fuhr Böhmer mit seiner Partei 2006 einen weiteren klaren Wahlsieg ein, musste aber wegen des schwachen FDP-Ergebnisses den Koalitionspartner wechseln und regierte fortan mit der SPD. Zur Landtagswahl 2011 trat er aus Altersgründen nicht mehr an. Der damalige Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) wurde sein Nachfolger als Ministerpräsident. Böhmer galt als bedächtiger Politiker, dem im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen jeglicher Drang zur öffentlichen Selbstdarstellung fehlte. Viele sahen in ihm einen klassischen Landesvater.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) würdigte Böhmer als einen der „großen Sachsen-Anhalter“. Böhmer sei ein „Garant des Ausgleichs“ gewesen, der für die Bewahrung von Traditionen ebenso wie für die Modernisierung des Landes gestanden habe. „Wolfgang Böhmer zeichnete ein Vorrat an Lebenserfahrung und Menschenkenntnis aus, der es ihm ermöglichte, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen“, erklärte Dr. Haseloff. Böhmer habe Sachsen-Anhalt mit Verlässlichkeit im Handeln und Klarheit im Wort gedient. Er habe sich um Deutschland und Sachsen-Anhalt große Verdienste erworben, den Menschen Orientierung gegeben und zum Wohle des Gemeinwesens gewirkt.

„Ob als Vizepräsident des Landtages, als CDU-Landesvorsitzender oder als Ministerpräsident, er ließ immer deutlich werden, dass Politik für ihn nicht Selbstzweck, sondern Arbeit für Menschen war“, erklärte Dr. Haseloff weiter. „Ihm hat man zu jedem Zeitpunkt geglaubt, dass er Verlässlichkeit suchte, eine gute Ordnung für dieses Land wollte und vor allem mit seiner ganzen Person dafür stand, an der Meinungsbildung mitzuwirken, um nicht der Meinungsforschung gehorchen zu müssen.“ Dieses Selbstverständnis habe seine Ministerpräsidentschaft in besonderer Weise geprägt.

Sein großes Verdienst habe darin bestanden, durch die Authentizität seiner Persönlichkeit und eine Eigenwilligkeit und Beharrlichkeit, die aber niemals ohne Aufrichtigkeit daherkam, den Menschen weit über alle Parteigrenzen hinaus das Vertrauen in die Politik zu bewahren. „Ein Land ist nicht nur durch Grenzen, Rechtsordnung und seine Einwohner bestimmt, es muss immer auch repräsentiert werden“, so Dr. Haseloff. „Wolfgang Böhmer hat Sachsen-Anhalt im besten Sinne verkörpert, ist ihm tatsächlich zum Landesvater geworden und hat ihm im Konzert der Bundesländer großen Respekt verschafft. Mit Verlässlichkeit im Handeln und Klarheit im Wort hat er unserem Land gedient. Er hat den Menschen ein Beispiel gegeben, durch das sie sich haben leiten lassen. Dafür danken wir heute und werden ihm dauerhaft ein ehrendes Gedenken bewahren.“

Im Jahr 2015 war Prof. Böhmer mit dem Verdienstorden Sachsen-Anhalts ausgezeichnet worden. Es ist die höchste Auszeichnung des Landes. Schon einige Jahre zuvor hatte die Lutherstadt Wittenberg Prof. Böhmer zum Ehrenbürger ernannt. Foto: W. Gorsboth

Von Redaktion