Montag, 07.10.2024

Wittenberg/Stendal (md). Mit Blick auf die neue fünfjährige Kommunalwahlperiode haben die elf Landkreise auf ihrer Mitgliederversammlung in Stendal das Forderungspapier „Vertrauen vertiefen, Verwaltung vereinfachen!“ beschlossen.

„Das Land hat sich auf die Landkreise zu bewegt, dafür sind wir dankbar“, resümiert Landrat Christian Tylsch die Landkreisversammlung in Stendal. „Unsere Landkreise und unser Land stehen gleichermaßen vor großen finanziellen und personellen Herausforderungen. Die Antwort darauf muss weniger Bürokratie, mehr digitale Effizienz und ein stärkeres Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung sein, wenn wir auch in Zukunft ein verlässlicher Staat sein wollen“, erklärt Tylsch.

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„Das Stichwort lautet Entlastungspartnerschaft – es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen und das erfordert gegenseitiges Vertrauen. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir den kompletten Staatsapparat durchleuchten und hinterfragen müssen. Der Einstellungsstopp in der Landesverwaltung ist ein Beleg dafür, er ist deshalb richtig und konsequent. Das kann aber nur ein erster Schritt sein, dem jetzt weitere folgen müssen. Wenn überall Personal fehlt, müssen wir die Aufgaben, die früher mehrere Mitarbeiter erledigt haben, so strukturieren, dass weniger Kolleginnen und Kollegen dafür gebraucht werden. Das geht über Bürokratieabbau, Digitalisierung und die Vermeidung von doppelten Strukturen. Das ist kein Angriff auf das Landesverwaltungsamt an sich, aber wir müssen jetzt klug sortieren, wer welche Aufgabe in Zukunft erfüllt und wer welche Aufgabe ohne eine Zwischenebene unter der Fachaufsicht der Ministerien erledigt. So kann eine gute Zweistufigkeit gelingen in dem zentral ist, was zentral sein muss und lokal ist, was lokal besser organisiert ist“, so Christian Tylsch.

Die Landkreise stehen zu Beginn der Kommunalwahlperiode 2024 bis 2029 vor großen finanziellen und personellen Herausforderungen, welche die Handlungsfähigkeit vor Ort gefährden. So verzeichneten die Landkreise in Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 ein Haushaltsdefizit von 78 Millionen Euro. Dies betrifft insbesondere die Sozialausgaben mit den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) sowie der Jugendhilfe, welche um rund 35 Prozent gestiegen sind. Damit einher geht ein sprunghafter Anstieg der Kassenkredite um 90 Millionen Euro im Jahr 2023. Dies entspricht 224 Euro pro Einwohner (2022 noch 166 Euro pro Einwohner). Die Landkreise Sachsen-Anhalts belegen damit in der Kassenkreditstatistik der Landkreise bundesweit den vorletzten Platz. Für 2024 wird ein noch stärkerer Anstieg prognostiziert. Dies zeigt die dramatische Unterfinanzierung insbesondere auf der Ebene der Landkreise.

Die Landkreise fordern von der Landesregierung einen Politikwechsel, der den Stellenwert der kommunalen Selbstverwaltung achtet, sowie die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für eine handlungsfähige kommunale Verwaltung vor Ort wiederherstellt. Dies umfasst neben einer aufgabenangemessenen Finanzausstattung und einer strikten Einhaltung der Konnexitätsverpflichtung auch eine Vereinfachung der bestehenden Verwaltungsstrukturen. Es bedarf daher einer grundlegenden gemeinsamen Reforminitiative der kommunalen Ebene zusammen mit dem Land, die Bürokratieabbau, Digitalisierung der Verwaltung und strukturelle Überlegungen zum Aufbau einer zweistufigen Verwaltung umfasst.

Die Landkreise begrüßen den Vorschlag von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, noch in diesem Jahr eine gemeinsame Entlastungspartnerschaft zur Reform der Verwaltungsstrukturen unter maßgeblicher Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände einzusetzen. Die Landkreise bieten dem Land und den Gemeinden einen Pakt des Vertrauens an, um eine Kultur des vertrauensvollen Miteinanders im Land zu etablieren, wechselseitige Aufsicht und Kontrolle auf das nötige Mindestmaß zu beschränken und gerichtliche Auseinandersetzungen in der kommunalen Familie zu vermeiden.

Götz Ulrich als Präsident wiedergewählt

Die Landräte und Kreistagsvorsitzenden aller elf Landkreise in Sachsen-Anhalt haben auf ihrer Jahrestagung Götz Ulrich, Landrat des Burgenlandkreises, für weitere fünf Jahre als Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt wiedergewählt. Ulrich hat das Amt des Präsidenten seit 2022 inne, seit 2014 ist er Landrat des Burgenlandkreises. Als Präsident vertritt er die Interessen der Landkreise auch auf Bundesebene als Vizepräsident des Deutschen Landkreistages. Wittenbergs Landrat Christian Tylsch bleibt ordentliches Mitglied des Präsidiums. Als Vizepräsident des Landkreistages ist Markus Bauer, Landrat des Salzlandkreises, wiedergewählt worden, er ist seit 2014 Landrat. Das Amt des Vizepräsidenten nimmt er seit 2021 wahr. Foto: Landkreistag Sachsen-Anhalt

Von Redaktion