Montag, 16.09.2024
Bild: Die Bronzeplastik an der Stätte der Mahnung, das Gegenbild zur Schmähdarstellung der "Judensau", wurde 1988 eingeweiht. Foto: W. Gorsboth

Wittenberg (md). Mit der Ausstellung „Von christlicher Judenfeindschaft“ fordert die Stadtkirchengemeinde zu einer bewussten Auseinandersetzung mit den Gräueltaten der christlichen Kirchen an den jüdischen Geschwistern und Mitbürgern auf. Die am 1. August 2024 eröffnete Ausstellung steht im Zusammenhang mit dem diesjährigen Israelsonntag, der im liturgischen Kalender der evangelischen Kirche jedes Jahr am 10. Sonntag nach Trinitatis begangen wird.

Am Sonntag, dem 4. August 2024, findet um 11 Uhr der gemeinsame Gottesdienst von Schloss- und Stadtkirche in St. Marien statt. Er beginnt an der Stätte der Mahnung (Süd-Ost-Ecke der Stadtkirche) und findet seine Fortsetzung in der Kirche. Die Predigt hält Dr. Rüdiger Lux, emeritierter Professor für Alttestamentliche Wissenschaft an der Universität Leipzig. Die Musik gestalten Warnfried Altmann (Saxophon) und Kantor Christoph Hagemann.

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Am selben Tag erklingt um 18 Uhr in der Stadtkirche zudem ein Konzert zum Israelsonntag mit jiddischen Liedern und Improvisationen unter dem Motto „Reichtum des Erlebens“. Gestaltet wird dieses von Warnfried Altmann (Saxophon) und Wilfried Staufenbiel (Gesang/Cello). Karten zum Preis von zehn Euro sind in der Kirche erhältlich.

Der Israelsonntag, der eine lange und wechselhafte Tradition hat, bietet den christlichen Gemeinden eine Gelegenheit, sich mit den jüdischen Wurzeln ihres Glaubens auseinanderzusetzen. Jesus selbst war wie seine Jünger Jude, seine Lehren wurzeln in den jüdischen Glaubenstraditionen und in der hebräischen Bibel. In der Vergangenheit sah sich das Christentum vielfach als Nachfolger und Erbe des Judentums und fühlte sich ihm überlegen.

Diese Haltung führte zu einer christlichen Judenfeindschaft und prägte über lange Zeit die Gottesdienste an diesem Tag. Antijudaismus und Antisemitismus haben das Verhältnis von Christen und Juden schwer belastet, Juden mussten im Laufe der Geschichte immer wieder Verfolgungen und Pogrome durch Christen erleiden, dazu zählt auch der Holocaust im Dritten Reich.

Dies hat sich erst nach 1945 und nur langsam geändert. Seit der Shoah hat die evangelische Kirche versucht, ein theologisches Verständnis des Judentums zu gewinnen, das frei von Antisemitismus und Antijudaismus ist. Sie hat sich mit ihrer eigenen Schuldgeschichte auseinandergesetzt, dieses Umdenken spiegelt sich im Wandel der Namen für diesen Sonntag und der Wahl der Bibeltexte. Der Israelsonntag gibt Gelegenheit, der christlichen Schuldgeschichte und der bleibenden Erwählung Israels als Gottes Volk zu gedenken.

Von Redaktion