Wittenberg (md/wg). Am Dienstag, dem 18. Februar 2025, sprechen um 19.30 Uhr die Theologin Dr. Marianne Schröter (siehe Foto) und der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Michael Germann in der Vortragsreihe der Stiftung Leucorea über die Frage, ob und inwiefern es ein Recht auf Widerstand gibt. In ihren Vorträgen wird diese Frage anhand von Positionen der Reformationszeit und vor dem Hintergrund des bundesrepublikanischen Grundgesetzes beantwortet.
Das Thema der diesjährigen Vortragsreihe „Göttliche und irdische Gesetze“ wird dabei an einem klassischen Problem durchgespielt, über das man streitet, seitdem es Staaten gibt. Wann Widerstand gegen die Staatsgewalt legitim oder gar geboten ist, bleibt bis heute derart umstritten, weil jede Antwort auf diese Frage von individuellen Einschätzungen abhängt, die sich als falsch erweisen können. Vom Nichteinhalten einzelner Regeln bis hin zum revolutionären Sturz von Regierungen reichen die Formen des Widerstands, der stets für sich in Anspruch nimmt, aufgrund höherer Einsicht die geltende Ordnung außer Kraft setzen zu können. Doch wie lässt sich beurteilen, ob ein solches Handeln wirklich gerechtfertigt ist?
In der Reformationszeit, auf die sich Dr. Schröters Vortrag konzentriert, gab der Bauernkrieg viel Anlass zum Streit über das Widerstandsrecht. Thomas Müntzer beurteilte das Aufbegehren gegen eine Obrigkeit, die ihre gottgegebenen Pflichten verletzte, als legitim. Martin Luther entdeckte darin eine Grenzüberschreitung, die zu seinen scharfen Verurteilungen der Bauernaufstände führte. Später aber konnte auch Luther ein aktives Widerstandsrecht, zumindest im Verhältnis der protestantischen Fürsten gegenüber dem Kaiser befürworten.
500 Jahre nach dem Bauernkrieg ist das Widerstandsrecht verfassungsmäßig geschützt. „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist“, heißt es in Artikel 20 des Grundgesetzes. Welche Debatten sich um diesen Artikel ranken und wann der in ihm beschrieben Fall aus juristischer Sicht eingetreten ist, wird Prof. Dr. Germanns Vortrag vor Augen führen.
Dr. Marianne Schröter hat Musik und Theologie in Halle studiert. Nach ihrer theologischen Promotion arbeitete sie als Wissenschaftlerin an mehreren Universitäten sowie Forschungseinrichtungen und war ab 2013 Geschäftsführerin der Stiftung Leucora in Wittenberg. Seit Sommer 2023 ist sie Vorständin für Kultur, Bildung und Wissenschaft am Brandenburger Domstift. Zum 1. September 2025 wird sie das Amt der Direktorin der Franckeschen Stiftungen in Halle übernehmen.
Prof. Dr. Michael Germann studierte Rechtswissenschaft in Tübingen, Genf und Erlangen. In Erlangen wurde er 1999 promoviert und 2001 für die Fächer Staats- und Verwaltungsrecht und Kirchenrecht habilitiert. Seit 2002 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Staatskirchenrecht und Kirchenrecht an der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 2015 wurde er daneben zum Richter des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt gewählt. Er ist zudem Mitglied des Vorstands der Stiftung Leucorea. Foto: W. Gorsboth/Archiv

