Wittenberg (md/wg). In der Reihe „Redezeit“ referiert Dr. Jessica Ammer am 6. Oktober um 18 Uhr in der Bibliothek der Stiftung Leucorea zum Thema „Kiezdeutsch und Jugendsprache – Zwischen Sprachwandel und Stigmatisierung“. Der Eintritt ist frei.
Kiezdeutsch, oft als urbane Jugendsprache bekannt, bewegt sich zwischen innovativem Sprachwandel und gesellschaftlicher Stigmatisierung. Diese Sprachvarietät, die vor allem in multiethnischen Stadtvierteln gesprochen wird, weist markante syntaktische, lexikalische und phonologische Merkmale auf. Der Vortrag zeigt Kiezdeutsch als eine dynamische und kreative Form der Sprachentwicklung, die gleichzeitig als Symbol sozialer Identität und Abgrenzung dient.
Mediale und öffentliche Debatten stellen Kiezdeutsch oft als defizitär oder bedrohlich dar, was zur Abwertung jugendlicher Sprecher führt. Anhand konkreter Beispiele aus der Sprachforschung wird verdeutlicht, welche sprachlichen Innovationen in dieser Varietät stecken und welche sozialen Mechanismen hinter ihrer negativen Bewertung stehen. Der Vortrag lädt dazu ein, die Vielschichtigkeit von Kiezdeutsch und Jugendsprache differenziert zu betrachten und darüber nachzudenken, ob Sprachwandel als Bereicherung statt als Bedrohung verstanden werden sollte.
Jessica Ammer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft. Sie studierte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Latein, Deutsch und Griechisch. 2019 Promotion (summa cum laude) mit der Arbeit: „Von den Ampten – Ciceros ‚De Officiis‘ in der Rezeption des Mittelalters und der Frühen Neuzeit“. Ihre Themengebiete reichen vom Althochdeutschen (Notker d. Deutsche) über das Mittelhochdeutsche (Mitarbeit an der Mittelhochdeutschen Grammatik) bis hin zu aktuellen Fragen der Linguistik (Mitautorin der Neuauflage des Metzler Lexikons Sprache).