Dessau (md/wg). Das Anhaltische Theater Dessau trauert um seinen früheren Generalmusikdirektor Professor Daniel Lipton, der am 18. Februar im Alter von 84 Jahren in Florida gestorben ist. 1992 hatte ihn der damals neu berufene Intendant Johannes Felsenstein nach Dessau geholt. In den folgenden drei Jahren sorgte er hier für neue künstlerische Impulse. Mit einem internationalen Sängerensemble und einem vor allem in stilistischer Hinsicht neu ausgerichteten Orchester gelangen dem Belcanto-Spezialisten gerade im italienischen Repertoire herausragende Aufführungen, die von Publikum wie Kritik überregional begeistert gefeiert wurden.
Liptons Dirigate voller Spannung und mitreißender Italianità sind noch heute bei vielen Theaterbesuchern und damals beteiligten Ensemblemitgliedern unvergessen. Genannt seien die Felsenstein-Inszenierungen „Die Räuber“, „Die beiden Foscari“, „La Traviata“ und „Othello“ von Verdi sowie Donizettis „Anna Bolena“. Legendär waren auch die von ihm geleiteten Opern-Galas.
In den Sinfoniekonzerten der Anhaltischen Philharmonie sorgte Lipton vor allem mit französischem und amerikanischem Repertoire für eine deutliche Horizonterweiterung, vernachlässigte aber auch nicht das deutsche Kernrepertoire. Als 1993 das erste Kurt-Weill-Fest in Dessau stattfand, dirigierte Daniel Lipton die Eröffnungspremiere mit den „Sieben Todsünden“ in der Choreographie von Arila Siegert. In der Spielzeit 1995/96 war Lipton nur noch als Gast in Dessau tätig. Im Januar 2012 kehrte er noch einmal für ein Sinfoniekonzert zu seinem ehemaligen Orchester zurück.
Der gebürtige Pariser Daniel Lipton wuchs in New York auf, wo er auch seine musikalische Ausbildung erhielt. Ein Fulbright-Stipendium ermöglichte ihm ein Studium bei Nadia Boulanger in Paris. Nach Stationen in Denver/Colorado, Florenz und Zürich war er von 1975 bis 1983 Chefdirigent des Orquesta Sinfonica de Colombia, gründete das Ballett National und die Opera de Colombia in Bogotà, deren Intendant und Chefdirigent er dann auch war. 1983 wurde Daniel Lipton musikalischer Leiter der Houston Grand Opera. Von 1985 bis 2009 wirkte er, auch parallel zu seinem Dessauer Engagement, als künstlerischer Leiter an der Opera Hamilton/Ontario (Kanada), von 2012 bis 2017 an der Opera in Tampa/Florida. Seit 1988 besaß er eine Professur für Musiktheater an der McMaster-Universität in Hamilton.