Wittenberg (md). Seit 22 Jahren koordiniert das bundesweite Informations- und Servicezentrum ConAct von Wittenberg aus den Jugendaustausch zwischen Deutschland und Israel. In regulären Austauschjahren werden dabei rund 300 Begegnungsprogramme mit circa 7.000 Teilnehmenden gefördert. Mehr als 500 Organisationen aus Deutschland und Israel werden regelmäßig mit allem ausgestattet, was es für gute deutsch-israelische Begegnungsarbeit braucht: Förderung, Vernetzung, Weiterbildungsangebote für Gruppenleiter und pädagogische Materialien.
Immer wieder finden bundesweite und bilaterale Veranstaltungen von ConAct mit vielen Gästen aus Israel auch in Lutherstadt Wittenberg statt. Wie an anderen Tagungsorten hat die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte und mit Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart einen festen Platz im Programm. Deutsch-Israelische Begegnungen leisten einen wichtigen Beitrag im Wirken gegen Antisemitismus.
Vor diesem Hintergrund hat ConAct mit der Unterstützung des Bundesbeauftragen gegen Antisemitismus seit dem Jahr 2020 das Projekt „Sichtbar Handeln! Umgehen mit Antisemitismus in der Jugend- und Bildungsarbeit“ ins Leben gerufen. Bundesweit konnten bereits rund 140 Fachkräfte der Jugendarbeit einen mehrstufigen Weiterbildungsprozess zu Antisemitismus in Deutschland, kombiniert mit einer Begegnungsreise nach Israel, durchlaufen. Im Jahr 2022 wurde in Lutherstadt Wittenberg das neue Methodenhandbuch zur antisemitismussensiblen Vor- und Nachbereitung von Austauschprogrammen vorgestellt und in die Praxis eingeführt.
ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch ist eine Einrichtung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit Unterstützung der Länder Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau hat die Einrichtung der Fachstelle angeregt und im Jahr 2001 in Wittenberg eröffnet. Seit 2019 ist ConAct mit Projekten zum Ausbau der bestehenden Arbeit hin zu einem Deutsch-Israelischen Jugendwerk beauftragt.
Träger von ConAct ist die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt. Seit vielen Jahren begleite und unterstütze man als Träger nun schon die Entwicklung hin zu einem Deutsch-Israelischen Jugendwerk, erklärt Akademiedirektor Christoph Maier. „Die bilateralen Verhandlungen zwischen Deutschland und Israel sind sensibel und kommen derzeit auch aufgrund der innenpolitischen Situation in Israel nur langsam voran“, lautet seine Einschätzung. „Eine Standortdebatte in Deutschland ist der Sache nicht zuträglich und kommt für die ohnehin schwierige politische Konstellation zur Unzeit.“
Die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt ist auch seit vielen Jahren in die Debatte um das judenfeindliche Relief involviert, das sich an der Wittenberger Stadtkirche befindet. Unabhängig von der Entscheidung der Stadtkirchengemeinde, das Relief an der Kirche zu belassen, ist seit Mai 2022 im Rahmen zweier Projekte ein umfangreiches Bildungs- und Informationsangebot zu den vier judenfeindlichen Bildwerken in Sachsen-Anhalt erarbeitet worden. Gefördert durch das Bildungsministerium Sachsen-Anhalt und die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, führt die Evangelische Akademie darüber hinaus regelmäßig Veranstaltungen und Workshops zum Thema durch.
Die Frage nach dem Umgang mit antisemitischen Bildern an und in Kirchen, ebenso wie der Judenhass Martin Luthers stehen im Mittelpunkt dieser Bildungsarbeit und werden dort kritisch diskutiert. „Es gibt wohl keine Stadt und keinen Ort in Deutschland, der nicht auf die eine oder andere Weise mit Antisemitismus belastet wäre“, führt Christoph Maier aus. „Gerade für junge Menschen und in der direkten Begegnung ist die ehrliche Auseinandersetzung damit wichtig. Dass dies nun – nach über 20 Jahren der erfolgreichen Arbeit von ConAct – in Wittenberg zukünftig nicht mehr gehen soll, erschließt sich mir nicht“, so Maier.
Bild: Seit 22 Jahren leistet ConAct von Wittenberg aus erfolgreich die Koordinierung des Deutsch-Israelischen Jugendaustauschs. Foto: ConAct