Wittenberg (md). Als kleines Nachspiel zum Renaissance Musikfestival, das hauptsächlich im September stattfand, gibt es rund um den Reformationstag zwei weitere Veranstaltungen im Refektorium im Lutherhaus in Wittenberg. Am Freitag, dem 28. Oktober, erwartet die Gäste um 19 Uhr unter dem Titel „Von Herz zu Herz“ Chansons und Überraschungen aus dem 15. Jahrhundert.
Venedig wird im Jahr 1501 Schauplatz eines revolutionären und zugleich retrospektiven Aktes: Einige Jahrzehnte nach der Erfindung des Buchdrucks gelingt es Ottaviano Petrucci, ein Verfahren für den Druck mehrstimmiger Musik zu entwickeln. Er gibt die erste gedruckte Musiksammlung heraus: Die „Harmonice Musices Odhecaton“, bestehend aus 100 polyphonen Titeln – drei- und vierstimmige Stücke, darunter die beliebtesten Lieder aus ganz Europa, sozusagen die „Hits“ der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
In der Kombination aus Stimme, Blockflöten und Renaissancegambe präsentiert das „Trio Petrucci“ die Raffinesse, die Komplexität und den Witz dieses Repertoires und bindet auch eigene Versionen und instrumentale Tänze in das Programm ein. In der Musik von damals und heute sind Liebe und Sehnsucht zentrale Themen. Kein Wunder, dass sich schon Komponisten wie Hayne van Ghizeghem, Gilles Binchois, Alexander Agricola, Loyset Compère von den entsprechenden Versen angezogen fühlten. Ihre Vertonungen lassen das Publikum glatt vergessen, dass seit der Entstehung dieser Musik mehr als 500 Jahre vergangen sind.
In der „Nacht davor“, also am Sonntag, dem 30. Oktober, entführt um 20 Uhr das „Ballgeflüster mit Barbara Cranach und Katharina von Bora“ in das Wittenberg des Jahres 1524. Die entlaufene Nonne Katharina von Bora muss endlich unter die Haube und an den Mann gebracht werden, da sie seit ihrer Flucht aus Grimma den Cranachs auf der Tasche liegt. Von einem Fest des Fürsten verspricht sich Barbara, die Gattin des Malermeisters, viel.
Aber wie soll das Mädchen sich schmücken? Was darf sie tragen und sagen? Welche Tänze muss sie beherrschen, um wünschenswerte Kandidaten für sich einzunehmen? Und was ist mit Luther, der sie mit seinen Thesen aus dem Kloster buchstäblich herausgeschrieben hat – und der für sich selbst nun partout keine Heirat will? Zwischen den Frauen entspinnt sich ein nachdenklich-heiteres Spiel, das von der Musik der Zeit grundiert wird. Ein vertrauliches Geplänkel vor dem Hintergrund künftiger Weltgeschichte, dargeboten von professionellen Schauspielerinnen: Barbara Fressner als Katharina von Bora und Silke Wallstein als Barbara Cranach treten gemeinsam mit Musikern der Wittenberger Hofkapelle in Aktion.
Karten für beide Veranstaltungen können online unter www.wittenberger-renaissancemusik.de reserviert werden.
Bild: Silke Wallstein (r.) und Barbara Fressner in der „Nacht davor“ als Barbara Cranach und Katharina von Bora. Foto: Veranstalter

