Wittenberg (md/wg). Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat die Ergebnisse der deutschlandweit größten Befragung von Radlern zur Radverkehrssituation vor Ort veröffentlicht, dem „Fahrradklima-Test 2024“. Der Regionalverband ADFC Wittenberg hat die Ergebnisse für die Region unter die Lupe genommen.
Die Gesamtnote für Wittenberg liegt bei 3,9. Unter den Städten von 20.000 bis 50.000 Einwohnern belegt die Lutherstadt das vordere Feld im Landesvergleich mit Platz 4 von 14. Im bundesweiten Vergleich ist mit Platz 211 von 429 noch viel Luft nach oben. Besonders wichtig ist den Radfahrern in Wittenberg das Sicherheitsgefühl. Diese Bewertung spiegelt sich auch im alltäglichen Verkehrsgeschehen wider: „Es sind vor allem diejenigen unterwegs, die sich das Radfahren zutrauen – mit etwas Mut und Erfahrung. Von einer flächendeckenden Radnutzung sind wir noch weit entfernt,“ erklärt Michael Herzog, Co-Vorsitzender des ADFC Wittenberg, das Ergebnis.
Besonders schlecht schnitten die Oberflächen der Wege bei 85 Prozent und das Fahren im Mischverkehr bei 81 Prozent der Befragten ab. „Das deckt sich mit unseren Gesprächen an Infoständen,“ berichtet Frieda Nagler, Co-Vorsitzende des ADFC Wittenberg. „Gerade ältere Menschen, die oft mit schwereren E-Bikes fahren, trauen sich auf Grund des vielen Schlaglöcher wegen des Kopfsteinpflasters nicht mehr aufs Rad.“ Besonders gut schnitten das Erreichen des Stadtzentrums der Lutherstadt bei 79 Prozent und die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr bei 63 Prozent der Befragten ab.
Die Befragung bot zudem die Möglichkeit für Freitextkommentare, dabei wurde für das Stadtgebiet Wittenberg oft angegeben, dass die Abschaffung vieler Radwege und deren schlechter Zustand zu „Missverständnissen“ zwischen Fußgängern und Radfahrern und zwischen Autofahrern und Radfahrern führt. Ein großes Anliegen ist und bleibt das Anbinden der Ortsteile an die Kernstadt.
Die anderen Städte im Landkreis konnten auf Grund einer statistisch zu geringen Beteiligung nicht direkt in die Auswertung aufgenommen werden, dafür jedoch die Freitextkommentare. In der Region Oranienbaum-Wörlitz stellt die mangelnde Verbindung zwischen den Orten sowohl für die Bevölkerung als auch für den Radtourismus ein erhebliches Problem dar. Kritisch wurde zudem angemerkt, dass der Denkmalschutz – insbesondere durch das Kopfsteinpflaster – zur echten Herausforderung für Radfahrer, Rollstuhlfahrer und mobilitätseingeschränkte Menschen wird. Dabei gibt es längst technisch wie rechtlich praktikable Lösungen, etwa entsprechend ausgeführte Radspuren oder Furten – wenn sie denn in der Planung berücksichtigt werden. In Coswig wünschen sich die Radfahrer überhaupt erstmals Radwege, besonders für die Wege zum Kinderkarten und zu Schulen.
Hoffnung macht das neu aufgestellte Radverkehrskonzept des Landkreises. Es definiert klare Handlungsschwerpunkte und benennt Verantwortlichkeiten. „Wenn die zuständigen Stellen jetzt ressortübergreifend und im Schulterschluss handeln, sind spürbare Verbesserungen in absehbarer Zeit möglich und werden sich auch in einer besseren Note beim nächsten Fahrradklimatest äußern,“ motiviert Michael Herzog zum Handeln. „Denn eines ist klar: Der Radverkehr muss sichtbarer werden – für Radfahrer, für Autofahrer und Fußgänger. Jetzt ist die Verwaltung gefragt.“
Bundesweit 213.000 Teilnehmer
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrer weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2024 zum elften Mal statt. Rund 213.000 Radfahrer haben bei diesem Durchgang abgestimmt, 1.047 Städte kamen in die Wertung. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie man das Miteinander im Verkehr empfindet. Die Ergebnisse des Tests haben durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern. Die detaillierten Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2024 finden Interessierte auf www.fkt.adfc.de. Foto: Adobe Stock

