Wittenberg/Eisleben (md). Die LutherMuseen zeigen bis zum 6. Januar 2026 in Luthers Sterbehaus in Eisleben und in Luthers Elternhaus in Mansfeld die Mitmachausstellung „1525! Aufstand für Gerechtigkeyt“, diese ist der Auftakt zur dezentralen Landesaustellung und zu den bundesweiten Feierlichkeiten zum Gedenken an 500 Jahre Bauernkrieg.
Es ist das Jahr 1525: Kirchen, Klöster und Burgen gehen in Flammen auf, als die einfache Bevölkerung gegen ihre geistliche und weltliche Herrschaft aufbegehrt, auch in Mitteldeutschland. Doch wie kam es eigentlich zu diesem Aufstand? In der interaktiven Mitmachausstellung lässt sich das auf ungewöhnliche Weise nachvollziehen: Ein großes begehbares Spielbrett mit digitalen sowie analogen Spielelemente ermöglicht es den Besuchenden, in die Rollen von Bewohnerinnen und Bewohnern einer typischen mitteldeutschen Stadt um das Jahr 1525 zu schlüpfen und die Zeit unmittelbar vor dem Aufstand aus verschiedenen Perspektiven zu erleben.
Die Ausstellung findet zeitgleich an zwei Orten statt: In Luthers Sterbehaus in Eisleben erwartet die Gäste ein begehbares, dreidimensionales Brettspiel in historischer Kulisse, mit dem sie in die Welt des Bauernkrieges von 1524/1525 eintauchen. Per Zufall wird ihnen eine Person der damaligen Zeit zugeordnet, aus dessen Sicht und Lebenssituation sie die Zeit erleben. Auf dem Marktplatz, in der Kirche, der Druckerei und vor der Stadt warten zahlreiche Aufgaben an unterschiedlichen Stationen auf die Besuchenden. Werden die eigenen Entscheidungen für eine gerechtere Welt sorgen? Am Ende der Ausstellung erfahren die Spielenden, wie die echte Person gehandelt hat und sehen, wie ähnlich oder unterschiedlich die jeweiligen Entscheidungen sind.
Im zweiten Part der Ausstellung in Luthers Elternhaus in Mansfeld werden die Besuchenden auf den ebenfalls in die Welt des 16. Jahrhunderts versetzt. In überdimensionalen Comics und interaktiven Mitmachstationen wird die Lebensrealität der Bauernkriegszeit auch für jüngere Besucherinnen und Besucher greifbar. So lernen sie spielerisch etwas über die Hintergründe der Bauernkriege. Im Hof Können sie als Armbrustschütze viel über das damalige Jagdrecht erfahren und damit auch über die von den Bauern gestellten Forderungen.
In einem weiteren Ausstellungsteil in Eisleben wird zudem die Vereinnahmung des Bauernkriegs in den letzten 100 Jahren bis in die jüngste Gegenwart thematisiert sowie durch ausgewählte Exponate, Ton- und Videomaterial die historische Person Thomas Müntzers näher beleuchtet. So erzählt beispielsweise eine direkt vor Ort in Eisleben geschaffene, sieben Meter lange Pop-up-Graphic-Novel des Berliner Künstlers Sebastian Köpcke das Leben und Nachwirken des radikalen Reformators.
Weiteres Highlight ist ein eigens für die Ausstellung geschaffenes Zinnfiguren-Diorama des ehemaligen Designprofessors der Northumbria University in Newcastle, Doug Miller. Es visualisiert erstmals einen nur aus den Quellen überlieferten Überfall des Grafen Albrecht von Mansfeld und seiner Männer auf eine Gruppe von Aufständischen, auf die er Anfang Mai 1525 bei Osterhausen nahe Eisleben auf deren Weg zur Entscheidungsschlacht nach Frankenhausen traf.
Ergänzt wird dies durch die teils auch etwas skurrile Erinnerungskultur rund um Thomas Müntzer. Das thematisiert eine große Vitrine mit Objekten, die aufgrund eines Aufrufs der LutherMuseen in den vergangenen Wochen von Menschen aus Sachsen-Anhalt für die Ausstellung zur Verfügung gestellt wurden. Dabei handelt es sich um eine wertvolle Gipsbüste von Meisterhand aus dem Theater Eisleben ebenso wie um den Müntzeraner Kräuterlikör aus Allstedt als klassischen „Flachmann“ oder ein „Müntzerfenster“, welches einst eine NVA-Kaserne in Sachsen-Anhalt schmückte.
Nur wenige historische Ereignisse der deutschen Geschichte wurden so stark politisch instrumentalisiert wie der Bauernkrieg. Der radikale Reformator Thomas Müntzer erfuhr als vermeintlicher „Bauernführer“ eine Umdeutung zum „Vorkämpfer des Kommunismus“. Ab 1975 war sein Bild ebenso wie jene von Karl Marx, Friedrich Engels oder Clara Zetkin sogar auf einem Geldschein der DDR abgebildet. Nur wenige Jahrzehnte zuvor hatten die Nationalsozialisten hingegen zwei SS-Divisionen nach militärischen Führern der Aufständischen benannt und damit den Bauernkrieg rückwirkend auch für ihre Ziele in Anspruch genommen.
Als ab Dezember 2023 in Deutschland protestierende Landwirte Straße und Plätze blockierten, nahmen sie auch auf die Aufstände von 1525 Bezug. Ging es vor 500 Jahren allerdings noch hauptsächlich um die Grundrechte für die Landbevölkerung, waren es diesmal vor allem wirtschaftliche Forderungen, die im Mittelpunkt der Proteste standen. Bewusst erinnerten die heutigen Landwirte dabei auch an Symbole aus der Zeit des Bauernkriegs. So ersetzten sie den Bundschuh als einstiges Kennzeichen des Bauernstands durch Gummistiefel als aktuelles Symbol für den Landwirt im 21. Jahrhundert.
Historische Fakten wurden immer wieder umgedeutet und den jeweiligen Interessenlagen angepasst. Schon Martin Luther warf Thomas Müntzer und den mitteldeutschen Aufständischen Taten vor, welche diese nie begangen hatten. In seiner Schrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ aus dem Jahr 1525 positionierte er sich eindeutig gegen die Unruhen.
Bild: Die interaktive Mitmachausstellung zum Bauernkrieg richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche. Foto: ©LutherMuseen/Markus Scholz

