Oranienbaum (md). Laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend leben in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz, Tendenz steigend: Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Betroffenen voraussichtlich auf 2,8 Millionen steigen. Wie man dieser Thematik begegnen kann, diskutierten der CDU-Bundestagsabgeordnete Sepp Müller sowie die CDU-Landtagsabgeordnete Karin Tschernich-Weiske mit Mitarbeitenden im Pflege & Wohnen Katharina und Henriette in Oranienbaum sowie mit Bürgermeister Maik Strömer. Um selbst aktiv zu werden, wollen die beiden Politiker die Schirmherrschaft für die „Demenzwoche 2.0“ im Jahr 2024 in Oranienbaum übernehmen.
Anlass für das Gespräch zum Thema Demenz war eine Beschwerde, die Müller von Anwohnern in Oranienbaum erhalten hatte: Ein Bewohner des Pflege & Wohnen Henriette sei orientierungslos durch die Stadt gelaufen und der Politiker wurde gebeten, zu prüfen, wie dies künftig vermieden werden könnte. Dass dies nicht so einfach wäre, machte Kathi Max, Einrichtungsleitung und Pflegedienstleitung im gerontopsychiatrischen Bereich des Oranienbaumer Pflegeheimes, zu Beginn des Gesprächs deutlich: „Unsere Bewohner müssen geschützt werden, aber keinesfalls wollen und dürfen wir sie einsperren.“ Hier sei jede Menge Fingerspitzengefühl gefragt: „Bei Demenz ist es ja nicht so, dass eine Tür plötzlich zufällt, sondern es handelt sich um einen langwierigen Prozess.“
Umso wichtiger sei es, individuelle Lösungen für die Bewohner zu finden. „Dazu gehört es, dass diese in einem geschützten Bereich leben ohne selbst jedoch eingesperrt zu sein. Und selbst wenn zur Sicherheit der Bewohner sogenannte freiheitsentziehende Maßnahmen wie das Hochziehen des Bettgitters notwendig sind, muss dies zuvor gerichtlich angeordnet werden“, erklärte sie. Zudem betreue man heute schon so viele Demenzerkrankte, dass die 20 Plätze im gerontopsychiatrischen Bereich nicht mehr ausreichen würden.
Dem Problem Demenz müsse sich deshalb die gesamte Gesellschaft stellen: „Die Anzahl der Betroffenen wird weiter steigen, schon jetzt haben wir verzweifelte Anrufe beispielsweise aus Hamburg, weil Angehörige dort keinen Pflegeheimplatz für ihre Lieben finden“, berichtet Kathi Max. „Das Einrichten von Demenzdörfern ist eine gute Möglichkeit, aber Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung – irgendwann können die Bewohner dort nicht mehr allein leben und müssen betreut werden.“ Politik, Kommunen und Einrichtungen seien deshalb gefordert, gemeinsam Lösungen zu finden.
Dem stimmte auch Stefan Krutzger zu, Prokurist der Johannesstift Diakonie Pflege & Wohnen Sachsen-Anhalt gGmbH: „Wir sind ständig bemüht, die gesamten Anlagen unserer Einrichtungen auf die Bedürfnisse anzupassen, und zum Beispiel mehr Handläufe für die Sicherheit der Bewohner anzubringen. Doch diese Anpassungen sind mit hohen Kosten verbunden und um Fördertöpfe zu nutzen, gibt es zu viele Hürden.“ So seien die Fördermittelanträge häufig zu umfangreich oder es sei nicht transparent dargestellt, was förderfähig sei.
Mit verschiedenen Projekten und Spendenaktionen sei man deshalb bemüht, das Thema Demenz öffentlich darzustellen, aufzuklären und zugleich Gelder einzuwerben. So gab es 2023 erstmals eine Demenzwoche – und weil diese so erfolgreich war, ist eine Wiederholung in 2024 geplant. Für dieses Projekt, so gaben Sepp Müller und Karin Tschernisch-Weiske spontan im Gesprächstermin bekannt, übernehmen beide die Schirmherrschaft.
Neben Demenz war auch die Personalsituation Thema des Gesprächs in Oranienbaum. „Die sogenannten Babyboomer sind in 20 bis 25 Jahren alle selbst Pflegefälle, da kommt eine riesige Herausforderung auf uns zu, denn schon heute fehlen Pflegekräfte“, weiß Sepp Müller. Der Politiker ist deshalb bemüht, bei innovativen Ideen zu unterstützen. So half er unlängst bei der Wohnungssuche für die beiden neuen Kollegen aus Vietnam, die in Oranienbaum ihre Ausbildung absolvieren. Innerhalb der Johannesstift Diakonie Pflege & Wohnen Sachsen-Anhalt gGmbH ist man bestrebt, mit neuen Modellen Pflegekräfte zu gewinnen beziehungsweise zu halten.
Bild: Der Bundestagsabgeordnete Sepp Müller (2.v.r.) zu Besuch im Pflege & Wohnen Katharina und Henriette in Oranienbaum. Foto: Janet Pötzsch

