Zerbst (md/wg). In heutiger Zeit werden Kirchen oft entwidmet, nun aber wird eine Kirche wieder in Dienst genommen: Am Sonntag, dem 29. Juni, 14 Uhr findet in St. Peter und Paul in Kermen bei Zerbst eine Altarweihe statt. Die Sanierung der kleinen Kirche hat mit Turmrichtfest und Setzen der Wetterfahne zur 725-Jahr-Feier Kermens in den Vorjahren schon mehrfach Anlass zu Festen gegeben. Nun ist die Sanierung des barocken Kanzelaltars abgeschlossen. Die Arbeiten am Gestühl und am Umfeld sollen noch fortgesetzt werden, zum Kirchweihfest erfolgt aber bereits die Altarweihe. Im Anschluss an den Gottesdienst wird zum Kaffeetrinken auf den Domäne-Hof eingeladen.
Das Ende der Gottesdienste in Kermen war am 5. April 1970 beschlossen worden. Mit der Entwidmung der Kirche 1974 geriet das Denkmal aus dem Blickfeld und Bewusstsein der meisten Dorfbewohner. Das änderte sich erst über 30 Jahre später. Seit 2005 kümmert sich der ansässige Pfarrer um dieses romanische Kleinod im Kirchenkreis. Die Gemeindeversammlung stimmte gleichzeitig für die Fusion der Kirchengemeinde Kermen mit Eichholz. Heute sind Altar und Turm wieder da und strahlen im neuen oder restaurierten Glanz.
St. Peter und Paul entstand um 1300 – ein typischer Feldsteinbau mit halbkreisförmiger Apsis, ein Zeugnis der Christianisierung des Ostens im Heiligen Römischen Reich. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Dorfkirche Kermen im barocken Stil überarbeitet. Das Auffälligste im Inneren ist der Kanzelaltar (siehe Foto). Hier war bisher noch nicht ganz klar, wann genau er eingebaut wurde. In den erhaltenen Kirchenrechnungen des 18. Jahrhunderts konnte man keine Hinweise finden.
Der Zufall wollte es, dass eine Anfrage zur Ahnenforschung einen wichtigen Fund beförderte. In einem Traueintrag aus dem Jahr 1712 heißt es: „Georg Rühe, vormaliger Hirte zu Leps und Catharina Maria Rühe, eheliche Tochter des Kermener Schäfermeisters Georg Rühe „sind (…) am Dienstag, den 12. October (1712), gleichsam zur Einweihung des neuen Altars, zum ersten mahl, copuliert (getraut) worden“.
Der Kanzelaltar bestimmt in der originalen Farbfassung aus Blau, Weiß und mattem Gold bis heute den flachgedeckten Innenraum mit seiner Westempore. Der Kanzelkorb wird flankiert von vollplastischen Figuren der Heiligen Petrus und Paulus. Die Kostbarkeit ist ein Relikt aus der untergegangenen Zeit der fürstlichen Zerbster Barockkunst. Das Inventar mit Patronatsempore im Westen, Gestühl und Predigerstuhl ist noch in Gänze erhalten. 1717 wurde der Bau durch einen prägnanten Dachreiter erweitert, der leider im Zweiten Weltkrieg Bomben zum Opfer fiel. Die uralte Dorfkirche war als Ausguck gegen Tiefflieger zum Schutz des Fliegerhorstes genutzt worden. Foto: Matthias Behne

