Mogiljow/Wittenberg (md/wg). Als Mitglied der Kommission „Genozid am belarussischen Volk“ besuchte Dr. Heinz Wehmeier, Projektleiter der Deutsch-Russländischen Gesellschaft in Wittenberg, die Gedenkstätte Osaritschi. Im Herbst 1943 befahl die Heeresleitung der Wehrmacht, eine Verteidigungslinie entlang des Dnepr zu errichten, um den Vormarsch der Roten Armee zu stoppen. Die arbeitsfähige belarussische Bevölkerung wurde zu Erdarbeiten gezwungen und arbeitsunfähige Frauen, Kinder und Alte von Mogiljow bis Gomel aus ihren Häusern vertrieben, um Platz für Unterkunft und Verpflegung für die rückwärtsorientierten Wehrmachtsangehörigen zu schaffen.
„So wurden circa 50.000 wehrlose Bürger von Soldaten der 35. Infanteriedivision unter dem Kommando der SS in drei Vernichtungslager gejagt“, berichtet Dr. Wehmeier. Auf dem Weg hinter fünffachen Stacheldraht seien bereits Hunderte wegen Erschöpfung erschossen worden. Die Lager lagen in Sumpfgebieten ohne Gebäude und seltener Versorgung mit Brotersatz, welches aus Birkenspäne und Hafermehl bestand. Die Gefangenen waren gezwungen, aus dem Moorwasser zu trinken, mit dem Ziel, dass sie an Typhus erkranken. Sie waren Wind und Kälte ausgesetzt und konnten sich nur mit Zweigen bedecken und mit Tannenzapfen und Schnee ernähren.
„Jüngere Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt und anschließend verstümmelt, wer sich dem Zaun näherte, wurde erschossen“, so Dr. Wehmeier. „Die Absicht der Wehrmacht war es, der vorrückenden Armee Typhus als biologische Waffe entgegenzusetzen.“ Im Lager sind täglich hunderte Menschen verstorben, bis die 65. Sowjetarmee die Gefangenen befreite, von denen 7.000 an Typhus erkrank waren und natürlich auch Befreier ansteckten.
„Der Nürnberger Prozess anerkannte die Lager in Osaritschi als Konzentrationslager und die Verantwortlichen der Wehracht wurden in Minsk zum Tode oder 25 Jahre Arbeitslager verurteilt, andere wurden später hohe Offiziere in der Bundeswehr“, erklärt Dr. Wehmeier. Die Gedenkstätte Osaritschi erinnert an die 20.000 Todesopfer unter den 50.000 Gefangenen. Foto: privat

