Freitag, 28.11.2025

Wittenberg (md/wg). Zum Thema „Die Freiheit liegt in der Natur“ findet am 10. April von 18 bis 20 Uhr in der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt eine Veranstaltung statt, die sich insbesondere am Beispiel des Kirchlichen Forschungsheims Wittenberg dem Umwelt- und Naturschutz in der DDR widmet. Die Teilnahme ist kostenlos.

In der DDR bekam Natur- und Umweltschutz 1968 Verfassungsrang, 1970 wurde ein anspruchsvolles Landeskulturgesetz erlassen und 1972 ein Umweltministerium geschaffen. Doch insbesondere die Nutzung von Braunkohle als Rohstoff der Industrie und für die Energiegewinnung sowie die alle Wirtschaftsbereiche betreffende Mangelwirtschaft führten zu massiven Umweltproblemen, die von den zuständigen staatlichen Stellen nur noch dokumentiert werden konnten.

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Zu den DDR-Tabus gehörte das Thema Umweltschutz: Auf Anordnung des Ministerrates von 1982 existierten offiziell keine Umweltprobleme, über gesundheitliche Auswirkungen der Umweltverschmutzung in der DDR durfte bereits seit den 70er Jahren nicht mehr berichtet werden. Dabei hatte die Umweltzerstörung zu dieser Zeit schon verheerende Ausmaße angenommen. Ab 1982 verschärfte sich die Situation, die Daten über die Umweltzerstörung waren plötzlich nicht mehr zugänglich. Mit der „Anordnung zur Gewinnung oder Bearbeitung und zum Schutz von Informationen über den Zustand der natürlichen Umwelt in der DDR“ wurde solche Informationen zur „Geheimsache“ erklärt.

Hier setzte neben Anderen das Kirchliche Forschungsheim in Wittenberg an, es wurden Informationen aus der gesamten DDR gesammelt, in Veranstaltungen bewertet und diskutiert sowie mit begrenzter Reichweite veröffentlicht. In den 70er und 80er Jahren avancierte das Kirchliche Forschungsheim (KFH) zum Zentrum der staatsunabhängigen Umweltbewegung in der DDR.

Versehen mit dem Stempel „Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch“ informierten die „Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch-Erde“ kirchliche wie nicht kirchliche Menschen im ganzen Land über die Ausmaße der Umweltzerstörung. Diese antworteten mit unterschiedlichsten Aktionen und mit praktischem Engagement für Umwelt- und Naturschutz.

In der Veranstaltung am 10. April werden Menschen, die dabei waren, berichten, wie dieses Engagement im Raum Wittenberg aussah, welche Hürden und Beschränkungen es gab und welche Erfolge erzielt worden sind. Diskutiert wird, was heutiges Umwelt- und Naturschutzengagement von dieser Selbstermächtigung lernen kann.

Mitte der 80er Jahre gab es circa 70 Umweltgruppen in der DDR, das KFH übernahm eine koordinierende Funktion. Hans-Peter Gensichen leitete das Institut von 1975 bis 2002, in seiner Zeit entwickelte sich das KFH zum Zentrum der unabhängigen Umweltbewegungen. Gensichen förderte die Tätigkeit kirchlicher Umweltgruppen und gab selbst viele Schriften zu ökologischen Problemen heraus, unter anderem „Die Erde ist zu retten“ (1980) und ab 1980 auch die „Briefe zur Orientierung im Konflikt zwischen Mensch und Erde“. Gensichen initiierte 1981 zum ersten Mal die später jährlich stattfindende Umweltaktion „Mobil ohne Auto“.

Kirchliches Forschungsheim

Das Kirchliche Forschungsheim wurde 1927 vom Theologen und Ornithologen Otto Kleinschmidt gegründet, es hieß damals „Forschungsheim für Weltanschauungskunde“. Aufgabe des Instituts war es, einen Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften zu führen. Auf politischen Druck wurde es später in „Kirchliches Forschungsheim“ umbenannt. 1961 erfolgte der Umzug aus dem Schloss an den Standort zwischen Lutherhaus und Hauptpost (siehe Foto). Während der Wende initiierte Gensichen den „Zentralen Grünen Tisch der DDR“, wenig später wurde er zum Gründungskurator der Deutschen Bundesstiftung Umwelt bestellt. Foto: Wolfgang Gorsboth

Von Redaktion