Zwischen Marktplatz, Höfen, Disputation und Lichterumzug wird die Reformation lebendig.
Wittenberg (aw). Am 31. Oktober zieht der Reformationstag wieder Tausende Besucher in die Wittenberger Altstadt, die sich in ein lebendiges Freiluftmuseum verwandelt. Über 20 Veranstaltungen an sieben historischen Schauplätzen – inklusive Coswiger- und Schlossstraße – verbinden Gottesdienste, Marktspektakel und einen besonderen Lichterumzug, der an den 500. Todestag von Kurfürst Friedrich dem Weisen erinnert.

Marktspektakel und historische Höfe
„Wir müssen Begegnungen schaffen – für alle Generationen“, sagt Denis Lehmann, Event- und Kulturmanager bei der Lutherstadt Marketing GmbH, die das Marktspektakel organisiert. Während die Kirchen das geistliche Programm gestalten, sorgt die marketing GmbH für ein lebendiges Fest. Ab 11 Uhr erwacht die Stadt zum Leben. „Das mittelalterliche Marktspektakel ist das Herzstück des Tages. Tavernen, Gauklerspiele und Musikgruppen sorgen für Stimmung. Von hier führen die Wege über die Coswiger- und die Schlossstraße zu den historischen Höfen – den Originalschauplätzen der Reformation“, erklärt Lehmann. Beliebt ist der Cranach-Hof mit Handwerk, Musik und Spezialitäten wie Honig und Keramik. Auf dem Schlossplatz können Besucher eigene Thesen verfassen – mit dabei sind Bernhard „Luther“ Naumann und Stadtherold Theodor. Wer sich vor der Thesentür fotografieren lassen möchte, kann die kostenlose Foto-Schnellbox nutzen. „Ein Souvenir, das bleibt“, erklärt Lehmann. Auf der Schlosswiese schlagen historische Vereine ihre Lager auf – ein buntes Spektakel mit Musik und Gaukelei. Auch der Weberhof öffnet diesmal: Tavernen, Tanzgruppen, Kinderschminken, ein Kinderkarussell und um 19 Uhr eine Feuershow sorgen hier bis 23 Uhr für mittelalterliche Stimmung. „Ein Höhepunkt ist das Tauziehen, bei dem Vereine gegeneinander antreten – lautstark angefeuert vom Publikum“, sagt Benjamin Böttcher vom Freundeskreis Wittenberg.

Thesen, Disputation und geistliche Impulse
Die Kirchen prägen den Tag mit ihrem geistlichen Programm. In der Schlosskirche beginnt um 10 Uhr der Festgottesdienst mit Birgit Neumann-Becker, um 11.30 Uhr folgt der EKD-Gottesdienst mit Bischöfin Kirsten Fehrs. Die Stadtkirche St. Marien lädt um 11 Uhr zu einem Gottesdienst mit Professor Hans-Joachim Eckstein und abends zum Festkonzert des Wittenberger Motettenchores. Im Stadthaus setzt Theologe Fabian Vogt mit „Lass mich in Frieden!“ humorvoll-provokante Akzente zu Bauernkriegen und Streitfragen der Reformation.

Ein besonderer Höhepunkt ist die Disputation der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg um 15 Uhr in der Leucorea. Zuvor zieht der Akademische Senat gemeinsam mit Professoren, Studierenden und Schülern in einem kurzen Umzug vom historischen Rathaus zur Leucorea – ganz im Geist der alten Universitätsrituale. Diskutiert wird die Frage: „Wie politisch darf und sollte eine Universität sein?“

Kunst und Kultur erleben
Parallel können die Gäste Kunst und Kultur erleben: Am Bunkerberg wird eine Kunstinstallation die 95 Thesen Luthers hörbar machen. Im Cranach-Hof zeigt eine Sonderausstellung Werke der Künstlerin Thea Schleusner, ergänzt durch Führungen. Im Malsaal spricht Schriftsteller Volker Demuth über den Erhalt von Kulturdenkmälern im Klimawandel. Wer die Altstadt entdecken möchte, kann an öffentlichen Stadtführungen teilnehmen, die stündlich von 11 bis 14 Uhr angeboten werden.
Lichtumzug – Kinder vorneweg
Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche – ein Schlag, der Kirche, Gesellschaft und Kultur bis heute prägt. „Ohne Kurfürst Friedrich den Weisen hätte es die Reformation nie gegeben“, sagt Sandra Wiking, Geschäftsführerin der Lutherstadt Wittenberg Marketing GmbH.
2025 jährt sich der Todestag des Kurfürsten zum 500. Mal. „Friedrich starb im Mai, kurz bevor wir 500 Jahre Luthers Hochzeit feierten – damals passte es nicht richtig ins Stadtfest“, erklärt Lehmann. Zum Gedenken führt ein Lichtumzug Vereine, Spielleute, Gäste und Kinder mit Laternen und Fackeln durch die Altstadt. Um 17 Uhr treffen sich die Teilnehmer am Lutherhaus und erreichen gegen 18 Uhr die Schlosswiese, wo ein Finale mit Feuerkörben, Musik, heißer Suppe und Videoprojektion auf sie wartet. „Es geht nicht nur ums Erinnern. Es geht darum, gemeinsam zu feiern – und genau das lässt die Reformation lebendig werden“, sagt Wiking.
Zuvor können Kinder im Arsenal von 12 bis 17 Uhr fantasievolle Laternen basteln – alle Materialien werden gestellt, Vorkenntnisse sind nicht nötig. „Die Kleinen laufen vorneweg – so bringen wir ihnen die Reformation spielerisch nahe“, erklärt Lehmann.
Praktische Infos
Am Reformationstag ist der Eintritt frei. Die Geschäfte in der Innenstadt haben geöffnet, und zusätzliche Sonderparkplätze erleichtern die Anreise.
Um 19 Uhr endet das Fest offiziell, nur der Weberhof bleibt bis 23 Uhr geöffnet. Details zum Programm gibt es unter www.wittenberger-reformationsfest.de.

 
                    