Wittenberg/Augsburg (md/wg). Der mit 10.000 Euro dotierte Preis der Lutherstädte „Das unerschrockene Wort“ zeichnet zwei Menschen mit Zivilcourage für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus aus: Prof. Dr. Jens-Christian Wagner und Heinz J. Ostermann. Die Entscheidung wurde vom Bund der Lutherstädte in der Jurysitzung am 29. November 2024 in Augsburg einstimmig getroffen. Die Verleihung des 15. Lutherpreises findet am 28. März 2025 um 19 Uhr im Kleinen Goldenen Saal in der Friedensstadt Augsburg statt.
Ostermann und Wagner engagieren sich aus unterschiedlichen Perspektiven gegen den Rechtsruck in Deutschland. Der Jury war bei der Entscheidung wichtig, dieses Engagement auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen zu stärken: Ostermann setzt sich aus der Zivilgesellschaft, Prof. Dr. Wagner aus Wissenschaft und Institutionen heraus für eine freie Gesellschaft ein. Beide Preisträger stehen nach dem Vorbild Martin Luthers dafür ein, ihre Überzeugungen auch gegen Widerstand zu verteidigen.
„Beide Preisträger stehen aktiv ein für die Demokratie und den Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. In Zeiten, in denen sich Hass, Hetze und Populismus ihren Weg in unsere Gesellschaft bahnen, ist dieser Einsatz umso wichtiger“, betont Eva Weber, Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg. „Heinz J. Ostermann und Prof. Jens-Christian Wagner haben im Sinne Martin Luthers Haltung gezeigt – und sich auch von Bedrohungen und gewalttätigen Angriffen nicht entmutigen lassen. Diese Courage und das Engagement möchten wir mit der Preisvergabe sichtbar machen und würdigen.“
Nach dem Einzug der AfD ins Berliner Abgeordnetenhaus positionierte sich Ostermann zusammen mit anderen unabhängigen Neuköllner Buchhandlungen im Rahmen kritischer Diskussionsveranstaltungen gegen den aufkommenden Rechtspopulismus. Trotz darauffolgender Schaufensterzerstörung sowie Brandanschlägen ließ er sich nicht einschüchtern, sondern gab den Anstoß zur Gründung der Neuköllner Initiative „Rudow empört sich. Gemeinsam für Respekt und Vielfalt“. Mit dieser Initiative und seiner Buchhandlung Leporello als wesentlichem Anker setzt er sich seit 2018 für demokratische Werte, gegenseitigen Respekt, Toleranz und Vielfalt ein. In Konsequenz dieses Engagements steht seine Buchhandlung seit Jahren unter Polizeischutz. Gemeinsam mit anderen Opfern von Brandanschlägen im Rahmen der Neuköllner Anschlagsserie gelang es ihm, zur Aufklärung einen Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus durchzusetzen. Das Motto von Ostermann lautet: „Wir alle sind aufgerufen, für unsere Demokratie einzustehen und diese zu verteidigen.“
Seit Jahren engagiert sich Prof. Dr. Wagner (s. Foto), Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora in Weimar, gegen „Fake-History“ und „geschichtsrevisionistische Legendenbildung“, gegen die Verharmlosung des Nationalsozialismus und Holocaust sowie die Forderung der AfD nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“. Er entlarvt die Losung von AfD, Reichsbürgern, „Montagsspaziergängern“ und Co. nach einer „Beendigung des Schuldkults“ als Angriff auf die Arbeit der Gedenkstätten und setzt sich unermüdlich gegen einen „erinnerungspolitischen Klimawandel“ sowie insgesamt gegen die Diskursverschiebung nach rechts ein. Dafür erlebt Prof. Dr. Wagner Anfeindungen, Pöbeleien, Klagen, Hassmails und Drohanrufe bis hin zu Morddrohungen. Auf die Frage, wie er angesichts der Drohungen gegen ihn weitermacht, antwortet er: „Indem wir uns nicht einschüchtern lassen. Das wollen diese Leute ja. Und diesen Gefallen wollen wir ihnen nicht tun.“