Wittenberg (aw). Der Tag des Ehrenamtes im Wittenberger Stadthaus stand am Freitagabend (22. August) nicht nur im Zeichen des Dankes, sondern auch im Zeichen der Sorge um die Zukunft. Oberbürgermeister Torsten Zugehör würdigte die vielfältige Arbeit der zahlreichen Ehrenamtlichen, machte in seiner Ansprache jedoch deutlich, dass der demografische Wandel längst spürbar sei und Vereine sowie Initiativen dringend neue Wege gehen müssten, um junge Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen.

Er verwies auf die seit Jahren stark rückläufigen Geburtenzahlen. Während 2018 noch 481 Kinder in der Lutherstadt geboren wurden, waren es im vergangenen Jahr nur 278. Bis Juni 2025 wurden lediglich 92 Geburten registriert. Um ein stabiles Niveau zu erreichen, müssten bis Jahresende noch 186 Kinder zur Welt kommen – ein Ziel, das nach den Worten des Oberbürgermeisters kaum realistisch sei. Dieser Rückgang wirke sich unmittelbar auf Vereine und Organisationen aus, denen vielerorts der Nachwuchs fehle.


Zugehör forderte die Ehrenamtlichen auf, nicht nur selbst aktiv zu bleiben, sondern auch Verantwortung an die nächste Generation zu übergeben – und zu akzeptieren, dass Jüngere ihre Aufgaben auf eigene Weise gestalten. „Wir müssen Strukturen schaffen, damit Nachwuchs den Weg in die Vereine findet. Nur so können wir das Tal, in dem wir uns gerade befinden, überwinden“, betonte er. Einige Vereine hätten den Generationswechsel bereits erfolgreich gemeistert, doch gerade kleinere Gruppen litten unter Mitgliederschwund. Ehrenamt sei weit mehr als Freizeitgestaltung, so Zugehör: „Es geht um den Zusammenhalt unserer Stadtgesellschaft.“
Ein weiterer Schwerpunkt des Abends lag auf der Arbeit der inzwischen 43 Selbsthilfegruppen in der Region, die Themen von Pflege über Adoptiv- und Pflegeeltern bis hin zu Long-COVID abdecken. In diesem Rahmen wurde ein Wechsel an der Spitze bekanntgegeben: Edgar Prieß, der das Sprecheramt zehn Jahre lang mit großem Einsatz bekleidete, trat aus Altersgründen zurück. In seiner Amtszeit habe er die Selbsthilfegruppen mit viel Herz und Engagement in der Öffentlichkeit, in Gremien und bei Veranstaltungen vertreten. Zugehör dankte ihm ausdrücklich für seine Verdienste: „Sie waren mit viel Herz für die ganz unterschiedlichen Gruppen da.“

Die Nachfolge übernehmen künftig Christian Geers, Leiter der Selbsthilfegruppe „Long-/Post-COVID“ in Wittenberg, sowie Dieter Schollbach, Leiter der Selbsthilfegruppe „Nach Krebs am Paul-Gerhardt-Stift“. Beide werden die Sprecherrolle für die kommenden vier Jahre innehaben.

Die Veranstaltung fand in diesem Jahr nicht wie gewohnt im Saal, sondern auf dem Hof des Stadthauses statt. Trotz frischer Temperaturen bot die Stadtverwaltung eine stimmungsvolle Kulisse: ein reichhaltiges Buffet, musikalische Begleitung durch Sängerin Ramona und viele Gelegenheiten zum Austausch. In lockerer Atmosphäre nutzten die Gäste die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen und Kontakte über die Grenzen der eigenen Gruppen hinaus zu knüpfen.