Medizin-Ethiker Prof. Dr. Giovanni Maio zu Gast im Paul Gerhardt Stift
Wittenberg (md/aw). Medizin bedeutet nicht nur Diagnosen stellen und Therapien einleiten – sie ist auch eine zutiefst menschliche Aufgabe. Diese Botschaft vermittelte Prof. Dr. Giovanni Maio, einer der führenden Medizin-Ethiker Deutschlands, bei seinem Besuch im Evangelischen Krankenhaus Paul Gerhardt Stift. Anlass war die 100. Veranstaltung der Fortbildungsreihe „Der Klinikarzt – die Klinikärztin“, die wöchentlich mittwochs für das ärztliche Personal stattfindet.
In seinem Vortrag betonte Prof. Maio, Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Freiburg, dass ärztliches Handeln weit über technische Abläufe hinausgeht: „Medizin ist keine distanzierte Dienstleistung. Sie ist eine soziale Tätigkeit, die auf Fürsorge und Zwischenmenschlichkeit basiert.“ Der Kern ärztlicher Kunst liege darin, für jeden Patienten eine individuelle Lösung zu finden. Besonders hob er die Bedeutung des persönlichen Gesprächs hervor: „Eine Diagnose ist für viele Patienten auch eine Lebenskrise. Was sie dann brauchen, ist menschliche Nähe und Vertrauen.“
Doch wie lässt sich dieser Anspruch mit den Herausforderungen des Gesundheitswesens, wie Fachkräftemangel und ökonomischen Zwängen, vereinbaren? Prof. Maio zeigte sich kritisch gegenüber den politischen Rahmenbedingungen: „Die Einführung der Fallpauschalen war ein Fehler. Sie reduziert Medizin auf Zahlen und Standards.“ Auch die aktuelle Krankenhausreform sieht er skeptisch: „Qualität für Patienten kann so nicht erreicht werden.“
Dennoch ermutigte er die Anwesenden, im Alltag einen Unterschied zu machen: „Freundlichkeit kostet keine zusätzliche Zeit – und sie verändert die Atmosphäre.“ Prof. Maio lobte das Engagement des Paul Gerhardt Stifts, das mit Formaten wie der Fortbildungsreihe und einem Ethik-Komitee Raum für Reflexion schafft.