Donnerstag, 16.05.2024
Beim gemeinsamen Neujahrsempfang von Landkreis und Sparkasse Wittenberg, bei dem unter anderem der 200. Geburtstag der Sparkasse gefeiert wurde, sprachen Vorstand Thomas Arndt, Landrat Christian Tylsch und Ministerpräsident Reiner Haseloff. Fotos: Zimmermann

Wittenberg (wg). „Optimismus und Realismus“ forderte Landrat Christian Tylsch (CDU) Freitagabend in seiner Rede zum Neujahrsempfang ein, der traditionell zusammen mit der Sparkasse im Foyer der Hauptgeschäftsstelle des Kreditinstituts gefeiert wird. Der Jahreswechsel sei von Hochwasser, Kriegen und Protesten begleitet gewesen und die Probleme würden im Verlauf des Jahres nicht weniger. In einer sich ständig und unvorhersehbar verändernden Welt sei „Optimismus die treibende Kraft, die uns inspiriert und unseren Blick auf das Morgen richtet. Optimismus ermutigt uns, dort Chancen zu erkennen, wo andere nur Probleme sehen.“

Allerdings brauche Optimismus auch Realismus. Realismus bedeute, die Welt so zu sehen, wie sie ist und die aktuellen Gegebenheiten anzuerkennen. „Es geht darum, machbare Ziele zu setzen und praktische Lösungen für Probleme zu finden, denen wir uns als Gemeinschaft gegenübersehen“, betonte Tylsch. Dafür benannte der Landrat einige Beispiele wie das Projekt „Babylotse“, welches gemeinsam mit dem Paul-Gerhardt-Stift umgesetzt werde. Junge Mütter werden frühzeitig über Hilfsangebote informiert: Probleme lösen, bevor sie überhaupt entstehen. Auch der Fachkräftemangel bedürfe kreativer Lösungen, hier kooperiere man mit der Kreishandwerkerschaft.

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Auch die Kreisverwaltung sei vom Fachkräftemangel betroffen. Im Gesundheitsamt treibe man die Digitalisierung voran, um über neue Onlinedienste und automatisierte Prozesse fehlende Mitarbeiter kompensieren zu können. Dies werde Schule für die gesamte Kreisverwaltung machen. Mit dem Modellprojekt „Gemeindenotfallsanitäter“ habe man die Versorgungsqualität im ländlichen Raum verbessert, außerdem arbeite man an neuen Komponenten im Bereich der Telemedizin.

Mit Blick auf die Proteste der Landwirte betonte der Landrat, dass der aufgestaute Ärger, der nun sichtbar werde, auch Ausdruck des größer werdenden Spannungsverhältnisses zwischen Stadt und Land sei. Man dürfe die Proteste nicht nur im Bereich der Landwirte sehen und man dürfe die Proteste nicht einfach in die rechte Ecke stellen. Es sei eine fatale Fehlentwicklung, wenn im Landkreis die Tierproduktion zurückgehe, gleichzeitig aber Fleisch aus Ländern importiert werde, die längst keine so gute Lebensmittelüberwachung hätten. Sowohl mit dem Kreisbauernverband als auch der Kreishandwerkerschaft stehe man in einem vertrauensvollen und regelmäßigen Austausch.

Es gebe zurecht eine große Unzufriedenheit im ländlichen Raum, weil die „Unterschiede zwischen Stadt und Land groß sind und es offensichtlich gerade nicht gelingt, für alle Menschen in dieser Republik zu denken.“ Die Energiewende werde im ländlichen Raum gestemmt, dieser stelle die riesigen Flächen für Solaranlagen und Windräder zur Verfügung und die dafür notwendigen Stromnetze würden hier ausgebaut und finanziert, nicht in Berlin, München oder Düsseldorf. Auch das Deutschlandticket, welches mit Milliarden Euro Steuergeldern subventioniert werde, nutze dem ländlichen Raum nichts: „Jeder Berliner kann nun noch günstiger jeden Tag öffentliche Verkehrsmittel nutzen, während im Landkreis Wittenberg kein zusätzliches Geld ankommt, um überhaupt flächendeckend Busse fahren lassen zu können.“

Tylsch erinnerte an den Überfall Russlands auf die Ukraine, ein Krieg, der nach fast zwei Jahren noch immer tiefe Spuren hinterlasse. Zahlreiche Firmen litten unter den Auswirkungen des Krieges, wie die energieintensiven Lebensmittelproduzenten, SKW Piesteritz, das Steinzeugwerk Bad Schmiedeberg, aber auch Dienstleister und Handwerksbetriebe.

Tief erschüttert zeigte sich Tylsch vom terroristischen Überfall der Hamas am 7. Oktober auf Israel: „Der bestialische Mord an 1.200 Menschen, darunter Kinder jeden Alters, macht mich fassungslos und traurig. Dass in unserem Land dann auch noch Menschen auf die Straßen gehen und dieses Verbrechen bejubeln, macht mich nicht nur nachdenklich, sondern auch wütend.“ Wer so etwas bejubelt, habe in diesem Land nichts zu suchen.

Es sei deshalb wichtig, dass am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, eine breite Öffentlichkeit aufstehe und sich klar bekenne: nie wieder! „Wenn in Israel Menschen wegen ihres Glaubens mit unvorstellbarer Grausamkeit ermordet werden und in genau dieser Zeit in Deutschland vor den Toren Berlins Geisteskranke zusammenkommen, um mit einer nachgestellten Wannseekonferenz provozieren und aufhetzen zu wollen, dann verlangt das nach einer klaren Kante“, so Tylsch.

Dieses Verhalten sei einfach nur abstoßend. Hier könne es nur ein „Bis hier und nicht weiter!“ geben. Nicht diejenigen seien das Volk, die dies von sich behaupteten und „die Demokratie, den Rechtsstaat und unsere Verfassung mit Füßen treten. Demokraten und all jene, die unsere Demokratie verteidigen, sind das Volk.“

Bild: Landrat Christian Tylsch (l.) und die Sparkassen-Vorstände Thomas Arndt (r.) und Ralf Fincke. Foto: Kreisverwaltung/Zimmermann

Von Redaktion