Freitag, 24.10.2025

Wittenberg (md/wg). Im Rahmen der Feier des Israelsonntags werden vom 15. August bis Ende Oktober 2025 in der Stadtkirche St. Marien Bilder des jüdischen Künstlers Marc Chagall ausgestellt. Zu sehen sind acht Farblithographien aus dem Zyklus „La Bible“ von 1956 (siehe Foto). Die Ausstellung wird nach der Orgelmusik am Freitag, dem 15. August, um 18.45 Uhr durch Christhard-Georg Neubert, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Christliche Kunst Wittenberg, eröffnet.

Die Orgelmusik am Freitag, dem 22. August, um 18 Uhr nimmt ebenfalls Bezug auf den Israelsonntag. Frauke Messing (Flöte) und Stadtkirchenkantor Christoph Hagemann (Orgel) musizieren unter anderem Werke jüdischer Komponisten. Im Anschluss daran beginnt um 18.45 Uhr ein Vortrag mit Michael Weise zum Thema „Jesus der Galiläer, Jesus der erste Antisemit?“ War Jesus wirklich Jude oder nicht vielmehr „der erste Judengegner von Format?“ Diese Fragen wurden während der Nazi-Zeit ebenso ernsthaft wie intensiv diskutiert. Damit einher ging eine parallele Nazifizierung und „Entjudung“ des kirchlichen Lebens, wovon Spuren in vielen Kirchenräumen bis heute Zeugnis ablegen.

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Michael Weise geht in seinem Vortrag diesen Spuren nach und er erläutert, wie weite Teile der evangelischen Kirche auf diesen Irrweg gelangten und zeigt beispielhaft, wie dieser ganz konkret aussah. Weise, Jahrgang 1986, studierte Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Unter anderem arbeitete er an der Stiftung Lutherhaus Eisenach, wo der den Bereich Ausstellungen und Sammlungen leitete und die Sonderausstellung „Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ‚Entjudungsinstitut’ 1939-1945“ zusammen mit Dr. Jochen Birkenmeier kuratierte. In diesem Institut versuchten evangelische Theologen, alles Jüdische aus Bibel, Gesangbüchern und Kirchengebäuden zu tilgen.

Am Sonntag, dem 24. August, begehen Schloss- und Stadtkirchengemeinde gemeinsam den Gottesdienst zum Israelsonntag. Er beginnt um 11 Uhr an der Stätte der Mahnung und wird in der Stadtkirche Fortgesetzt. Im Anschluss an den Gottesdienst sind alle eingeladen zu der musikalischen Kunstinstallation „…ein Empfinden von Mut und Trotz“. Es musiziert die Cellistin Marika Gejrot aus Berlin unter der Skulptur „Restlicht“ auf dem Marktplatz.

Was ist der Israelsonntag?

Der Israelsonntag, der eine lange und wechselhafte Tradition hat, bietet den christlichen Gemeinden eine Gelegenheit, sich mit den jüdischen Wurzeln ihres Glaubens auseinanderzusetzen. Jesus selbst war wie seine Jünger Jude. Seine Lehren wurzeln in den jüdischen Glaubenstradition und in der hebräischen Bibel. In der Vergangenheit sah sich das Christentum vielfach als Nachfolger und Erbe des Judentums und fühlte sich ihm überlegen. Diese Haltung führte zu einer christlichen Judenfeindschaft und prägte über lange Zeit die Gottesdienste an diesem Tag. Antijudaismus und Antisemitismus haben das Verhältnis von Christen und Juden schwer belastet. Juden mussten im Laufe der Geschichte immer wieder Verfolgungen und Pogrome durch Christen erleiden, auch der Holocaust im Deutschen Reich ist hier zu nennen.

Dies hat sich erst nach 1945 und nur langsam geändert. Seit der Shoah hat die evangelische Kirche versucht, ein theologisches Verständnis des Judentums zu gewinnen, das frei ist von Antijudaismus und Antisemitismus. Sie hat sich mit ihrer eigenen Schuldgeschichte kritisch auseinandergesetzt. Im Wandel der Namen für diesen Sonntag und der Wahl der Bibeltexte spiegelt sich dieses Umdenken wider. Der Israelsonntag gibt Gelegenheit, der christlichen Schuldgeschichte und der bleibende Erwählung Israels als Gottes Volk zu gedenken. Foto: W. Gorsboth

Von Redaktion