Wittenberg (md/wg). Am Dienstag, dem 21. Oktober 2025, um 19.30 Uhr, wird im Audimax der Stiftung Leucorea die neue Vortragsreihe „Transatlantische Wechselwirkungen“ eröffnet. Sie widmet sich anlässlich des 250. Jubiläums der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung den vielfältigen politischen, religiösen und kulturellen Austauschprozessen zwischen Europa und den USA. Zum Auftakt spricht der renommierte Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Heinrich Detering zum Thema: „Applied Christianity. Thomas Manns amerikanische Religion“.
Deterings Vortrag, der auf einem 2012 erschienenem Buch beruht, zeigt eine bislang wenig bekannte Seite des Nobelpreisträgers, dessen 150. Geburtstag in diesem Jahr feierlich begangen wird: Thomas Manns enge Beziehung zur Unitarischen Kirche in Los Angeles und seine „warme Sympathie“ für deren Denken und Praxis. Der aus einem norddeutsch-protestantischen Elternhaus stammende Schriftsteller findet im Exil so erstmals zu einer religiösen Gemeinschaft die selbst im Protestantismus wurzelt.
Ausgehend von Manns demokratischer Wendung in den 1920er-Jahren beschreibt Detering die Entwicklung hin zu einem humanitär und politisch ausgerichteten Religionsverständnis, das Mann in der amerikanischen Unitarischen Kirche exemplarisch verwirklicht sah. Er entwickelte selbst einen „religiös fundierten und gestimmten Humanismus“, in dessen Zentrum „die Ehrfurcht vor dem Geheimnis“ steht, „das der Mensch ist“. Mit neuen Dokumenten und intensiven Lektüren seiner essayistischen und autobiographischen Schriften wirft Detering ein neues Licht auf Manns Verhältnis zur Religion – und auch zur eigenen protestantischen Herkunft.
Heinrich Detering ist emeritierter Professor für deutsche und vergleichende Literatur an der Universität Göttingen und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er gilt als einer der profiliertesten Kenner Thomas Manns und hat zahlreiche Werke zu dessen Schaffen veröffentlicht, darunter „Juden, Frauen und Literaten“ zum Frühwerk. Zudem ist er Mitherausgeber der „Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe“ der Werke Thomas Manns. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit hat er mehrere Gedichtbände veröffentlicht. Foto: Maren Ermisch