Wittenberg (wg). Anlässlich des 450. Todestag von Georg Joachim Rheticus am 4. Dezember 1574 hat die Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek (RFB) eine Kabinettausstellung mit dem Titel „WeltWissen Wittenberg – Wittenberger WissensWelten“ entwickelt. Die Ausstellung wird bis zum 25. März 2025 in der Forschungsbibliothek zu sehen sein. Die Ausstellung wird am Dienstag, dem 7. Januar 2025, um 15 Uhr im Lesesaal der RFB in der 3. Etage des Wittenberger Schlosses eröffnet. Nach Grußworten und einer Einführung in die Ausstellung durch die Bibliotheksleiterin, Dr. Caecilia-Désirée Hein, kann die Ausstellung im Rahmen eines Empfanges besichtigt werden.
Dreht sich die Sonne um die Erde oder die Erde um die Sonne? Die Beobachtung des Himmels scheint eine eindeutige Antwort zu geben: Die Sonne bewegt sich. Über Jahrhunderte wurde versucht, diese Beobachtung durch intensive Berechnungen nachzuweisen. Mitte des 16. Jahrhunderts erfährt die Frage eine neue Relevanz und das Wissen von der Welt verändert sich tiefgreifend: Der in Wittenberg lehrende Mathematiker und Astronom Georg Joachim Rheticus (1514-1574) kommt von einer zweijährigen Studienreise bei Nikolaus Kopernikus zurück, im Gepäck hat er dessen gesamtes astronomisches Wissen und stellt damit das damals verfügbare Wissen auf den Kopf: Die Erde dreht sich doch! Ausgehend von Rheticus zeichnet die Ausstellung die Wissenswelten der astronomischen Forschung in Wittenberg Mitte des 16. Jahrhunderts und die Verbindung von Astronomie und Theologie nach.
Georg Joachim Rheticus war einer der schillernden Forschergeister des 16. Jahrhunderts, der die Welt verändert hat: Ohne ihn hätte Nikolaus Kopernikus nie sein Hauptwerk über das neue heliozentrische Weltbild vollendet und zur Druckreife gebracht. Die Geschichte der Astronomie wäre anders verlaufen. Ohne Rheticus kein Kopernikus, kein Kepler und kein Galilei – die Durchsetzung des modernen Weltbildes hätte wohl noch länger auf sich warten lassen.
Rheticus kam 1532 zum Studium nach Wittenberg, hier hatte er direkten Kontakt zu den führenden Köpfen der Reformation, Luther und Melanchthon. Letzterer lenkte Rheticus auf das Studium der Mathematik und der Astronomie. Mit 22 Jahren wurde er Professor, mit 25 Jahren begab er sich, angeregt durch Melanchthon, auf eine große Studienreise, die ihn schließlich zu Kopernikus ins ferne Ostpreußen führte.
Rheticus veröffentlichte 1540 mit der „Narratio Prima“ einen „Ersten Bericht“ über die kopernikanischen Ideen und sorgte 1543 für die Veröffentlichung des epochemachenden Werkes „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ („Über den Umlauf der Himmelskreise“). Heute gilt das Werk als ein Meilenstein der Wissenschaftsgeschichte, welches das Weltbild und das Selbstverständnis des Menschen grundlegend geändert hat. Rheticus war der erste und einzige Schüler von Kopernikus.
Rheticus war auch Verfasser wichtiger geometrischer Werke, vor allem verbesserte er die Sinustafeln. Er stellte wichtige trigonometrische Berechnungen an und leistete bedeutende Vorarbeiten für die 1611 erfundenen Logarithmentafeln, so dass er als einer der bedeutendsten Mathematiker seiner Zeit gilt. Rheticus wandte sich später der Medizin zu und übersetzte die Werke von Paracelsus. 1554 lässt er sich in Krakau nieder und blieb fortan als Arzt und Privatgelehrter tätig. Berufungen an die Universitäten Wien und Paris lehnte er ab.
Die Kabinettausstellung hat Montag bis Donnerstag von 10 bis 16 Uhr sowie Freitag von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Sonderführungen werden angeboten donnerstags um 12.45 Uhr während der „Buchpause“ (30 Minuten) sowie am 20. Januar, 4. Februar und 17. Februar 2025, jeweils um 17 Uhr (60 Minuten). Weitere Termine und Führungen in englischer Sprache sind auf Anfrage möglich. Der Eintritt ist frei.