Montag, 15.12.2025

Wittenberg (md). Seit mehr als 50 Jahren hilft die Organisation Friedensdorf International, Kindern aus Kriegs- und Krisenländern medizinisch notwendige Eingriffe zu ermöglichen. Im Wittenberger Paul Gerhardt Stift wurden insgesamt bereits drei Kinder über das Hilfsprojekt versorgt – auch das Leben der 8-jährigen Haseena konnte hier dank des Engagements der Ärzte und Pflegekräfte gerettet werden.

Mehr als sechs Wochen hat die kleine Haseena aus der afghanischen Hauptstadt Kabul im Wittenberger Krankenhaus verbracht – und fühlt sich hier sichtlich wohl: Regelmäßig sieht man das kleine Mädchen in Begleitung der pädagogischen Mitarbeiterin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Annett Heß im Außengelände spazieren gehen und die Fische im Teich des Patientengartens füttern. „Es ist so schön zu sehen, wie Haseena heute lacht und trotz ihrer Leidensgeschichte so viel Optimismus ausstrahlt. Sie hat sich während ihres Klinikaufenthaltes sogar ein bisschen Deutsch selbst beigebracht“, sagt Dr. med. Stephan David, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie.

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Als das kleine Mädchen Anfang Mai über das Friedensdorf international in die Wittenberger Klinik kam, bot sich den Ärztinnen und Ärzten ein erschreckendes Bild: „Haseena hatte eine offene Stelle am rechten Unterschenkel – eine sogenannte chronische Osteomyelitis“, berichtet Katja Böhme, Assistenzärztin der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie. Diese sei so stark ausgeprägt gewesen, dass der Knochen frei lag. „Die Wunde war zudem stark entzündet, ohne Behandlung hätte diese chronische Entzündung zum Tod des Mädchen führen können“, ergänzt Chefarzt Dr. David.

Doch Haseena hatte Glück – über die Organisation Friedensdorf International kam sie nach Deutschland und das Evangelische Krankenhaus Paul Gerhardt Stift stimmte zu, die Behandlung für das kleine Mädchen und alle daraus entstehenden Kosten zu übernehmen. „Es waren mehrere Operationen notwendig, dabei haben wir eng mit Chefarzt Stefan Barth und dem Team der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin zusammengearbeitet“, so Dr. med. David. Mehrfach musste operiert, außerdem eine Antibiotika-Therapie vorgenommen werden.

„Um die offene Stelle zu schließen, haben wir zuletzt eine Hautverpflanzung vom Oberschenkel an den offenen Unterschenkel vorgenommen“, berichtet Katja Böhme. Für sie und das Ärzteteam seien solche Eingriffe natürlich immer besondere, denn das Schicksal der Kinder beschäftige auch sie. „Vor allem unsere jungen Ärzte können dabei aber auch sehr viel lernen, denn so ausgeprägte Krankheitsbilder sehen wir hier nur selten“, erklärt Chefarzt Dr. David. „Und natürlich ist es ein wunderbares Gefühl, ein so wichtiges Projekt zu unterstützen und Kindern Schmerzen zu nehmen oder eben sogar das Leben zu retten.“

Dass die Jungen und Mädchen nach der Behandlung wieder zu ihren Familien und damit häufig in Kriegs- oder Krisengebiete zurückkehren müssen, sei ein emotionaler Balanceakt. Deshalb sei es gut, dass die Kinder nach der Behandlung im jeweiligen Krankenhaus zunächst ins Friedensdorf zurückkehren, wo sie während der Rehabilitation weiter versorgt werden, bevor sie wieder zu ihren Angehörigen zurückgeflogen werden.

Hintergrund

Das Friedensdorf wurde im Juli 1967 gegründet mit dem Ziel, Kindern aus dem Nahen Osten und Israel angesichts des militärischen Konfliktes in dieser Region zu helfen. Der eigentliche Beginn der Geschichte des Friedensdorfes war dann jedoch der Vietnamkrieg. Kinder und Jugendliche mit schwersten Kriegsverletzungen sowie Mädchen und Jungen mit Erkrankungen wie Polio (Kinderlähmung) kamen damals nach Deutschland ins Friedensdorf. Hier wurden Krankenhäuser gesucht und gefunden, die Betten und medizinische Leistungen kostenfrei zur Verfügung stellten, um die Kinder und Jugendlichen zu behandeln.

Heute können jährlich etwa 1.500 verletzte oder kranke Mädchen und Jungen durch das Engagement des Friedensdorfes in Deutschland und im Rahmen der Projektarbeit behandelt werden. In vielen Städten arbeitet die Organisation dabei mit Ehrenamtlichen zusammen. Finanziert wird die Arbeit nahezu ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.

Bild: Haseena mit einigen der an der Behandlung beteiligten Kollegen: die pädagogische Mitarbeiterin Annett Heß (l.), Dr. med. Stephan David, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Assistenzärztin Katja Böhme. Ebenfalls an der Behandlung beteiligt war das Team der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin unter Leitung von Chefarzt Barth, außerdem haben auch Auszubildende und die „Grünen Damen“ tatkräftig geholfen. Foto: Janet Pötzsch

Von Redaktion