Montag, 16.09.2024
Bild: Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (m.), Prof. Dr. Harald Mellner (l.) und Dr. Uwe Quilitzsch auf der Insel Stein. Foto: (c)KsDW/Sarah Reinhardt

Wörlitz (md). Am 16. und 17. August 2024 bricht der Wörlitzer Vesuv nach fünfjähriger Ruhepause erneut aus. Ein Grund für pure Freude, denn die inszenierte Eruption des künstlichen Vulkans aus dem 18. Jahrhundert mit Feuerfunken, Qualm und Lavaströmen fasziniert Menschen bis heute.

Der erste künstliche Vulkan Europas befindet sich am Rand der Wörlitzer Anlagen auf der Felseninsel Stein, die zwischen 1788 bis 1794 im Auftrag des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) in Erinnerung an seine Grand Tour 1766 entstand. Der Fürst hatte damals nicht nur die Ausgrabungsstätten in Pompeji und Herculaneum besucht, sondern auch selbst den Vesuv bestiegen. Die erste künstliche Eruption fand nach jetzigem Kenntnisstand 1794 statt. Die historische Nutzung der Insel Stein zur künstlichen Nachahmung von Vulkanausbrüchen ist von mehreren zeitgenössischen Autoren wie August Rode (1798), Carl August Boettiger (1797) und Charles Joseph de Ligne (1799) beschrieben worden.

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Besonders Setzungserscheinungen und daraus resultierende Mauerwerksrisse, gepaart mit einer permanenten Durchfeuchtung mit Regenwasser, hatten zu einer akuten Einsturzgefahr geführt. 1983 wurde die Insel daher baupolizeilich gesperrt. 1999 starteten aufwändige Sanierungsarbeiten auf der Insel Stein. Um die statische Sicherheit wiederherzustellen, musste die künstliche Insel vorübergehend in ein Festland verwandelt werden. Der erste Bauabschnitt beinhaltete eine statische Sicherung der Gesamtanlage und Grundinstandsetzungen.

Die Villa Hamilton und auch das Kaminzimmer einschließlich seiner reichen Ausstattung wurden dann von 2002 bis 2004 restauriert. Nach über zwanzig Jahren der Schließung konnte die Insel im September 2005 wieder für das Publikum geöffnet werden. Aus diesem erfreulichen Anlasse fand nach über 200 Jahren der erste Vulkanausbruch der Neuzeit in Wörlitz statt. Es folgten bis 2022 weitere Restaurierungsarbeiten von der Villa Hamilton, den Tempeln der Nacht und des Tages, den Römischen Bädern, dem Skulpturenschmuck bis hin zum Vulkankegel und der Grotte der Egeria.

Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, zeigt sich begeistert vom Gartenreich Dessau-Wörlitz und dem unvergleichlichen Bauwerk: „Das Land Sachsen-Anhalt und der Bund haben über fast drei Jahrzehnte hinweg massiv in die Sanierung der Insel Stein investiert. Mit der Wiederherstellung des Vulkans erstrahlt die Insel nun endgültig wieder in neuem, altem Glanz. Mein Dank gilt allen, die daran mitgewirkt haben – natürlich der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, aber auch dem Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt, sowie allen, die sich für das Gartenreich engagieren.“

In den Jahren 2006, 2010, 2012, 2016 und 2019 fanden Vulkanausbrüche jeweils in Verbindung mit besonderen Anlässen statt. Sie waren Höhepunkte eines jeden Veranstaltungsjahres der Kulturstiftung und begeisterten Gäste von nah und fern. Allerdings kam es in Folge der Eruptionen immer wieder zu Rissbildungen im Vulkankegel, der aus Ziegelsteinen besteht und außen mit dunklen Schlackensteine und hellen Kalksteinen verkleidet ist. Die Risse wurden immer wieder verschlossen.

Der Schutz des Kegels

In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie wurde der Sachverhalt 2023 zum ersten Mal wissenschaftlich untersucht. Dabei wurde eine Kruste, die durch Hitzeeinwirkung und bauschädliche Salze an den Oberflächen der Ziegelsteine entstanden ist, vertiefender untersucht. Diese verhinderte die Verdunstung der Feuchtigkeit, die das ganze Jahr über durch die Außenhaut in das Mauerwerk dringen kann. Auch nach außen konnte die Verdunstung nur in marginaler Form erfolgen. Durch die große Hitzeentwicklung von bis zu 680 °C bei den künstlichen Eruptionen entsteht im feuchten Mauergefüge ein Dampfdruck, der Spannung erzeugt und Risse verursacht. Um weiterhin Vulkanausbrüche mit Feuer simulieren zu können, musste also eine Lösung gefunden werden, die dem historischen Baukörper keinen Schaden zufügt.

Prof. Dr. Harald Meller, kommissarischer Vorstand und Direktor der KsDW erläutert: „Die gefundene Lösung setzt auf einen der ältesten Baustoffe der Welt: Lehm! Lehm bleibt offenporig und feuerfest, transportiert Feuchte und kann leicht repariert werden. Also haben wir im Inneren des Kraters die Kruste aus Schadsalzen entfernt und eine Hülle aus Lehmsteinen aufgemauert. Sie wirkt wie eine schützende Schale, die das historische Mauerwerk vor der Befeuerung sichert. Nach dem ersten Probebrand, konnten keine Schäden im Mauerwerk entdeckt werden. Dadurch ist in Zukunft eine Eruption ohne die früheren Schäden möglich.“

Um künftig auch den Nässeeintrag zu verhindern, wird in den Wintermonaten eine wasserdichte Husse über den Vulkankegel gelegt, die wie eine Haut Regenwasser ableiten soll. Außerdem können auch in Zukunft aus Gründen der Sicherheit, des Umwelt- und Gewässerschutzes nicht alle Effekte nach exakt historischem Vorbild realisiert werden. Anstelle von Schwefel und Teer moderne Effekte und Brandmittel zum Einsatz, die heutigen Anforderungen entsprechen und den historisch beschriebenen Effekt erzielen.

Die Eruption am 16. und 17. August

Ein hochkarätiges Rahmenprogramm wird den Vulkanausbruch begleiten. Musikalische und theatrale Einlagen machen die sommerlich-kulinarische Gondelfahrt zur Insel Stein zu einem Vergnügen. Auf dem „Stein“ angekommen, erwartet die Gondelgäste eine kurzweilige Einführung zur Geschichte der Insel und der Eruption. Anschließend zieht Lady Emma Hamilton die Gäste mit ihren Attitüden in den Bann, begleitet durch die Klänge neapolitanischer Lieder.

Bereits eine Woche nach Vorverkaufsstart waren die Tickets für beide Veranstaltungstage ausverkauft. Doch zu dem wunderbaren Ereignis mit Feuer, Wasser, Pyrotechnik und Akustik sind natürlich alle Interessierten herzlich willkommen: Die Eruption wird von vielen Stellen des Landschaftsgartens aus gut zu beobachten und zu hören sein.

Das Rahmenprogramm wurde durch den künstlerischen Intendanten Dr. Uwe Quilitzsch erarbeitet. Die künstlerischen Darbietungen gestaltet das Ensemble „Concert du Soleil“ aus Leipzig unter der Leitung von Sven Schreiber. Das pyrotechnische Spektakel des Vulkanausbruchs wird inszeniert durch Prof. Dr. Wolfgang Spyra mit Hilfe von Jörg Nevoigt der Firma Pyrotime Events.

Pünktlich zum Vulkanausbruch ist ab sofort die Broschüre „Millionen Funken. Der Wörlitzer Vulkan!“ für fünf Euro in allen Gartenreichladen erhältlich, deren Sortiment zum Großereignis außerdem um einige Produkte mit Vulkanmotiv erweitert werden konnte.

Von Redaktion