Wittenberg (md/wg). Am Freitag und Sonnabend fand zum dritten Mal der gemeinsame Verbandstag der Landesinnungsverbände des Maler- und Lackiererhandwerks Sachsen-Anhalt und Thüringen statt, Gastgeberin diesmal war die Maler- und Lackiererinnung Wittenberg, Tagungsort war das Best Western Soibelmanns Hotel. „Auch wenn Wittenberg keine Großstadt ist, so ist unsere Stadt bestens für Tagungen geeignet“, erklärte Bürgermeister André Seidig in seinem Grußwort. Seidig vertrat Oberbürgermeister Torsten Zugehör, der zeitgleich an einer Tagung des Deutschen Städtetags in Leipzig teilnahm. Ebenfalls aus terminlichen Gründen verhindert war Landeswirtschaftsminister Sven Schulze.
„Beim Gang durch unsere sehenswerte Altstadt wird nicht zuletzt dank der schönen Fassaden sichtbar, welche wichtige Rolle ihre Innung spielt“, erklärte der Bürgermeister, „und das Besondere ihres Handwerks ist es, dass die von ihnen produzierten Ergebnisse für jeden erkennbar sind und auch in Zukunft durch Künstliche Intelligenz nicht zu ersetzen sein werden.“ Seidig betonte, dass die Verantwortung der Maler- und Lackiererinnung weit über das Ästhetische hinaus reiche: „Sie tragen dazu bei, wertvolle Bausubstanz zu erhalten und dass sich Menschen wohlfühlen. Sie vermitteln Werte, sie leben Tradition, sie bilden junge Menschen aus, an die sie wichtiges Wissen weiter reichen.“ Dass das Handwerk in Deutschland insgesamt einen Jahresumsatz von rund 750 Milliarden Euro im Jahr generiere, dokumentiere zudem die immense volkswirtschaftliche Bedeutung der kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Konsequenten Bürokratieabbau forderte Uwe Runge, Landesinnungsmeister und Präsident des Handwerkstags Sachsen-Anhalt. Eine überbordende Bürokratie, insbesondere mit Blick auf Berichts-, Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, endlose Genehmigungsverfahren sowie eine der höchsten Steuer- und Abgabenlasten im internationalen Vergleich machten aus dem einst stolzen deutschen Handwerk einen Patienten auf der Intensivstation. Durch die ausufernde Bürokratie stehe immer weniger Zeit für das eigentliche Handwerk zur Verfügung. Viele der bürokratischen Hürden wie zum Beispiel das Lieferkettengesetz und die Datenschutzgrundverordnung seien weder praxistauglich noch umsetzbar und gehörten deshalb abgeschafft: „Diese Bürokratie erwürgt uns, sie bremst unsere Zukunft aus.“
Aufgrund der Bürokratiebelastungen wird die Selbständigkeit im Handwerk immer unattraktiver. „Der immense Aufwand verleidet nicht nur Betriebsinhabern die Freude an der Arbeit, sie schreckt insbesondere junge Meister davon ab, sich selbständig zu machen bzw. einen Betrieb im Zuge der Nachfolge-Regelung zu übernehmen“, so Runge. Ein weiteres Problem seien die hohen Sozialkosten, die inzwischen 42 Prozent der Abgaben ausmachen: „Das Handwerk ist personalintensiv, deshalb sind steigende Lohnzusatzkosten für uns besonders problematisch“, berichtete Runge. Im Gegensatz zur Industrie machen die Lohnkosten im Handwerk bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten aus, weshalb starke Steigerungen bei den Lohnzusatzkosten besonders heftig zu Buche schlagen. Das Handwerk fordere deshalb, die Sozialkosten, wie von der Politik seit Jahren versprochen, wieder dauerhaft unter 40 Prozent zu senken. Die Defizite in den Kranken- und Pflegekassen dürften nicht auf Unternehmer und Arbeitnehmer abgewälzt werden.
„Seit Jahren versprechen alle Parteien Bürokratieabbau, aber wenn es konkret wird, passiert nichts, im Gegenteil, es werden neue Belastungen eingeführt“, kritisierte Runge. „Wenn das Handwerk das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist, dann muss man es durch spürbare Entlastungen fördern und nicht zusätzlich treten.“ Das Handwerk brauche endlich wieder mehr Freiräume, um seiner eigentlichen Arbeit nachzugehen: „Wir haben genug Aufträge, aber wir brauchen auch die Zeit, diese zur Zufriedenheit unserer Kunden umzusetzen.“
Bild: Jan Heinemann, Landesinnungsmeister Fachverband Farbe Thüringen, Daniel Gutewort, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Wittenberg und Uwe Runge, Landesinnungsmeister Fachverband Farbe Sachsen-Anhalt (v.l.n.r.). Foto: W. Gorsboth

