Wittenberg (md). Mit dem Beginn des Herbstes feiern die Gemeinden der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) Erntedank, um an den engen Zusammenhang von Mensch, Gott und Natur zu erinnern. Die Landeskirche fordert in diesem Zusammenhang den Wechsel zu einer wirtschaftlich stabilen, sozial und ökologisch verträglichen Landwirtschaft.
Zahlreiche Kirchengemeinden laden zu Gottesdiensten, Konzerten, Festen, Herbstfeuern, Tanz und Aktionen ein. Einige Kirchengemeinde beteiligen sich an der Aktion „5.000 Brote – Konfis backen Brot für die Welt“. Die Kirchen werden meist mit Erntedankgaben wie Gemüse und Früchte aus der Ernte des Jahres, Blumen und Konserven bunt geschmückt. Die Produkte konnten zuvor abgegeben werden und sind im Anschluss für gemeinnützige Einrichtungen bestimmt.
Siegrun Höhne, Beauftragte der EKM für den Kirchlichen Dienst auf dem Land, ruft zu Solidarität mit den Beschäftigten in der Landwirtschaft auf, indem regional erzeugte Lebensmittel gekauft werden, auch wenn der Preis etwas höher liegen kann als beispielsweise beim Discounter. „Unser tägliches Brot ist teuer geworden. Getreidepreise sind abhängig vom Weltmarkt, und der ist massiv ins Wanken geraten. Die allgemeine Inflation, aber auch eine unübersehbare Spekulation mit Lebensmitteln haben die Preise enorm ansteigen lassen – im März dieses Jahres um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aktuell sind es noch 13 Prozent“, resümiert Höhne.
In den landwirtschaftlichen Betrieben komme davon praktisch nichts an. Der Preis für europäischen Weizen sei von vielen Faktoren wie den Ernteerträgen in anderen Regionen der Welt abhängig. „Klar scheint jetzt: Die Erträge werden geringer ausfallen als im letzten Jahr. Die Kosten der Produktion jedoch, besonders die Düngerpreise, sind massiv gestiegen. Wir sollten den Menschen danken und die Menschen mit unserem Kaufverhalten unterstützen, die das Land trotz aller Schwierigkeiten bewirtschaften, und die inzwischen nach alternativen Methoden und Produktionsweisen suchen“, so Höhne.
In der Stadtkirche Wittenberg wird am 8. Oktober 2023 um 11 Uhr zu Erntedank ein Familiengottesdienst mit der Wittenberger Kantorei gefeiert. Erntegaben können bis zum 7. Oktober, 13 Uhr, in der Stadtkirche abgegeben werden.
Hintergrund:
Erntefeste gibt es seit der Antike. In der christlichen Kirche werden sie seit dem dritten Jahrhundert gefeiert. Allerdings gab es wegen der verschiedenen Erntezeiten in den Klimaregionen lange Zeit keinen einheitlichen Termin. Seit dem 16. Jahrhundert wurde Erntedank in den evangelischen Gemeinden am Michaelistag am 29. September oder an einem benachbarten Sonntag begangen. 1773 wurde in Preußen das Erntedankfest offiziell eingeführt und auf den Sonntag nach Michaelis festgelegt. Dieser Termin wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland beibehalten. Im Mittelpunkt des Erntedankfestes steht der gemeinsame Gottesdienst mit der Präsentation einer Auswahl von landwirtschaftlichen Produkten im Altarraum. Sie sollen daran erinnern, welche Vielfalt an Nahrungsmitteln es gibt und dass die Früchte nicht selbstverständlich existieren, sondern Teil göttlicher Schöpfung sind.
Bild: Siegrun Höhne, Beauftragte für den Kirchlichen Dienst der EKM und Leiterin der Studienstelle Kirchliches Forschungsheim der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt. Foto: Wolfgang Gorsboth