Wittenberg (md). „Tatort 1522 – Das Escapespiel zur Lutherbibel“, eine Mitmachausstellung der LutherMuseen und des WortWerkWittenberg e.V., die seit Sommer 2022 im Wittenberger Augusteum zu erleben ist, ist nun auch mit einer Inklusionsspur ausgestattet. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner der LutherMuseen, dem Landesbildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte „Hermann von Helmholtz“, haben die Projektbeteiligten einen der Escape-Räume inklusiv gestaltet.
In „Dorotheas Küche“ können Sehbeeinträchtigte sich nun anhand eines taktilen Leitsystems orientieren und die Rätsel in Braille lesen. Durch die Ausgestaltung der Rätsel zum Tasten und Riechen wird es ihnen zudem erleichtert, die Lösungen zu finden und somit den Escape-Raum verlassen zu können. Dafür gibt es spezielle Schlösser, die von den Sehbehinderten geöffnet werde können. Auch Hörgeschädigten ist der Zugang zum Escapespiel erleichtert: Der Startfilm sowie die Einführungsfilme, die sich in allen Räumen befinden, sind in Gebärdensprache übersetzt und entsprechend abrufbar.
„Wir bemühen uns schon länger, unsere Ausstellungen nach und nach immer inklusiver zu gestalten“, erklärt Dr. Thomas T. Müller, Direktor der LutherMuseen. „Mit der Inklusionsspur in der „Tatort“-Ausstellung sind wir an dieser Stelle wieder einen Schritt weitergekommen.“ Zugleich, so Müller, sei dieses neue Projekt auch eine Art Testphase, um weitere Erfahrungen zu sammeln, die dann bei der anstehenden Neugestaltung der Dauerausstellung im Lutherhaus Berücksichtigung finden sollen. Besonders lobt Dr. Müller die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Landesbildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte in Halle, mit dem die LutherMuseen schon länger einen Kooperationsvertrag haben.
Gemeinsam mit sehbehinderten Jugendlichen des Landesbildungszentrums entstanden verschiedene Umsetzungsideen, wie die Rätsel im Escape-Raum so aufbereitet werden können, damit sie von ihnen erfasst und auch gelöst werden können. Zudem hat die Schule die entsprechenden Texte und Rätsel in Braille gedruckt und zur Verfügung gestellt. „Für unsere Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung und Blindheit war es eine großartige Erfahrung, als ‚Experten’ aktiv am Abbau von Barrieren mitzuarbeiten und so Wege zum Erreichen des Ziels der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen aufzuzeigen“, resümiert Sylke Otte, Schulleiterin des Landesbildungszentrums.
Das Escapespiel, das die LutherMuseen und WortWerkWittenberg e.V. mit der großzügigen finanziellen Unterstützung der Stiftung Deutsche Sprache bereits bis zum Frühjahr 2025 verlängert haben, erfreut sich in allen Altersklassen großer Beliebtheit. Seit Eröffnung Ende Juni 2022 begaben sich bereits knapp 200 Schulklassen und 280 private Gruppen und Familien auf die Suche nach der verschwundenen Lutherbibel.
Die erste Lutherbibel, die im September 1522 erschien, war das Ergebnis einer beachtlichen Teamleistung: die Übersetzung durch die Reformatoren, die Illustrationen durch die Cranach-Werkstatt, die Drucklegung durch Melchior Lotter und nicht zuletzt die Sprache der Wittenbergerinnen und Wittenberger, denen Luther „auf’s Maul schaute“, um die richtigen und verständlichen deutschen Wörter zu finden. Denn das war Luthers oberstes Anliegen: Eine Übersetzung zu schaffen, die jeder verstehen kann. Das Escapespiel macht die Aktivitäten, die zur Lutherbibel führten, direkt erlebbar. „Mit Martin Luther erreichte die kreative Belebung der deutschen Sprache einen ersten und seither unübertroffenen Höhepunkt.“, so Prof. Dr. Walter Krämer, Vorstand der Stiftung Deutsche Sprache. „Seine Bibel ist ein Monument der Religion wie auch der Sprachkultur.“
Die Erwartungen sind groß, doch die Ware lässt auf sich warten: Im Sommer des Jahres 1522 ist man in Wittenberg neugierig auf das Buch, das Luther in seinem Versteck auf der Wartburg begonnen und nach seiner Heimkehr vollendet haben soll. Doch niemand weiß, wo es zu finden ist. Hat es jemand geraubt oder versucht jemand, den Druck zu verhindern? Viele Rätsel, die es zu lösen gilt, um die Schuldige oder den Schuldigen zu finden. Dabei durchlaufen die Spielenden – je nach Größe und Zusammensetzung der Gruppen – entweder einzelne Räume oder mehrere Zimmer, in denen sich Hinweise auf die verschollene Übersetzung des Neuen Testaments finden. Überall warten versteckte Rätsel, deren Lösung Türen öffnen und zugleich Indizien für die Suche nach dem verschwundenen Buch liefern.
Die Ausstellung ist vor allem für Schulklassen, aber auch für Familien und Erwachsenengruppen geeignet. Das Inklusionsangebot kann direkt über die Kulturelle Bildung der LutherMuseen in Wittenberg gebucht werden unter bildung.wittenberg@luthermuseen.de oder telefonisch unter 03491/14 03 137.
Bild: Schülerinnen und Schüler des Landesbildungszentrums für Blinde und Sehbehinderte. Foto: ©LutherMuseen/Uwe Schulze