Wittenberg (md/wg). Dank einer großzügigen Geldspende der Firma Detzel & Müller Malerbetrieb GmbH aus Berlin und mit Unterstützung des Fördervereins Cranach-Höfe e.V. konnte die Cranach-Stiftung einen Holzschnitt des Malers Lucas Cranach d. Ä. aus dem Jahr 1509/10 mit der Darstellung der „Heiligen Sippe“ beim Auktionshaus Hampel München erwerben. Kunsthistorikerin Jana Seeger, amtierende Geschäftsführerin der Cranach-Stiftung, nahm per Telefon an der Auktion teil – und erhielt den Zuschlag. „Wir haben zwar die Cranach-Höfe, aber nur wenige Kunstwerke aus der Cranach-Werkstatt“, freut sie sich über die Neuerwerbung. Am Freitagabend wurde der Holzschnitt einer interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Werk „Die Heilige Sippe“ datiert auf 1509/10 und mithin auf eine Zeit, da Cranach d. Ä. noch nicht verheiratet war und im Wittenberger Schloss gelebt hat. Der Holzschnitt zeigt die Familie Mariens, die sich mit ihrer Mutter Anna Selbdritt zu ihrer Linken an zentraler Position des Bildes befindet. Auf dem Schoß der Heiligen Anna sitzt der Jesusknabe und reckt sich seiner Mutter entgegen. Von links nähert sich ihr Joseph mit etwas Abstand. An der Wand über der Gruppe um Maria befindet sich scheinbar der Fuß einer Kanzel – ein Gebilde aus Blattornamenten, Ranken und Putten, die die Kursächsischen Wappen halten.
Am rechten Bildrand zeigt Cranach eine Gruppe aus drei stehenden Männern, bei denen es sich um die drei Ehemänner der Heiligen Anna handeln dürfte: Joachim, der Vater Mariens, Kleophas und Salomas, die Väter der anderen beiden Töchter Annas. Die Halbschwestern Mariens sind in zwei Figurengruppen mit ihren Ehemännern und Kindern im Vordergrund abgebildet: links Maria Kleophas, die Ehefrau von Alphäus, Mutter der Apostel Simon der Zelot, Judas Thaddäus und Jakobus des Jüngeren und rechts Maria Salome, die Ehefrau von Zebedäus und Mutter der Apostel Johannes und Jakobus des Älteren. Dargestellt sind auf dem Holzschnitt im Grunde alle Verwandten Jesu.
Dem Thema der „Heiligen Sippe“ hat sich Cranach mehrfach zugewandt. Erhalten sind mehrere Gemälde, unter anderem in Aschaffenburg in der Staatsgalerie im Schloss Johannisburg (1520-25) und in der Gemäldegalerie der Bildenden Künste in Wien (1510-12). Die größte Übereinstimmung zeigt der Holzschnitt allerdings mit dem um 1509 entstandenen sogenannten Torgauer Altar, der sich heute im Städel Museum in Frankfurt a.M. befindet. Das Besondere des Altars ist die Ähnlichkeit der dargestellten männlichen Figuren mit den sächsischen Fürsten, die sich allerdings auf dem Holzschnitt nicht erkennen lässt.
Das Blatt ist an den Rändern beschnitten, gut erkennbar ist am unteren Rand noch das Schlangensignet Cranachs sowie die Initialen LC. Ein quadratischer Sammlerstempel der Rückseite des Blattes belegt seine Herkunft aus der Sammlung des englischen Malers Sir Joshua Reynolds (1723-1792). Reynolds gehörte zu den einflussreichsten und erfolgreichsten englischen Malern des 18. Jahrhunderts. Seine umfangreiche Privatsammlung wurde kurz vor seinem Tod aufgelöst und gelangte in verschiedene Hände. Foto: Wolfgang Gorsboth

