Wittenberg (wg). Vor der Tourist-Information am Schlossplatz stehen seit Dienstag zwei 3,60 Meter hohe, rechteckige Holzelemente, sogenannte City Trees, die die Luft kühlen, Feinstäube abbauen und Kohlendioxid binden. Hinter den Holzlamellen verbergen sich grüne Moosplatten, die bedarfsgerecht bewässert werden, wobei ein Ventilator die Luft nach außen bläst, sodass rund um die beiden City Trees ein Kühleffekt entsteht, der circa 100 Quadratmeter umfasst. Ein City Tree kühlt wie 81 neu gepflanzte Bäume, und das dank der Kombination aus lebenden Moosen und smarter Technologie auf kleinstem Raum.
„Die Klimakrise ist keine Verschwörungstheorie, sondern nackte Tatsache“, erklärte Oberbürgermeister Torsten Zugehör beim Vor-Ort-Termin und verwies auf die Hitzesommer 2023 und 2024. Insbesondere Innenstädte, in denen es an natürlichem Grün mangelt, heizen sich in den Sommermonaten auf. Darunter leidet nicht nur der Tourismus, sondern auch der Einzelhandel, denn bei Temperaturen von 30 Grad Celsius und mehr bleiben die Menschen lieber in den eigenen vier Wänden. Wie andere historische Altstädte ist auch die Wittenberger Innenstadt eine sogenannte Steinstadt mit nur wenigen Bäumen, es mangelt an Platz für umfangreiche Neuanpflanzungen.
Gleichwohl will OB Zugehör auf zusätzliches Grün in der Stadt nicht verzichten und erwartet vom Denkmalschutz mehr Flexibilität für intelligente, realitätsnahe Kompromisse. Zweitens will die Stadt in Zukunft das Potenzial Wasser über die beiden offengelegten Bäche hinaus mehr nutzen und drittens sollen innovative Ansätze wie die City Trees zum Zuge kommen. Die beiden City Trees haben 136.000 Euro gekostet, wobei zwei Drittel über das Förderprogramm „Lebendige Zentren“ finanziert wurden. Es gehe darum, betonte Zugehör, die historische Altstadt widerstandsfähiger gegenüber den Klimawandel zu machen und gleichzeitig den Anforderungen des Klimaanpassungsgesetzes des Bundes nachzukommen.
Entwickelt wurden die City Trees von der Firma Green City Solution aus Brandenburg, die bei der Herstellung der Klimabäume auf Regionalität setzt, wie das geschäftsführende Vorstandsmitglied Peter Sänger erläuterte: „Das Holz für die Außenkonstruktion stammt aus Thüringen, die Elemente für Elektronik und Steuerung aus Sachsen-Anhalt und die Montage erfolgt in Brandenburg.“ Wittenberg habe den 99. und 100. City Tree erhalten und sei damit die erste Stadt in Sachsen-Anhalt. Weitere City Trees fänden sich in ganz Europa. Einmal im Jahr würden die Moose zwecks Regeneration ausgetauscht, anschließend können sie wiederverwendet werden.
Die beiden City Trees sind mit Sitzbänken ausgestattet und laden dazu ein, die kühle Luft zu genießen. Überdies werden die Plattformen der beiden Klimabäume mit heimischen und insektenfreundlichen Pflanzen begrünt. Gießpatenschaften haben die ACC Reinigungsservice GmbH und die Tourist-Information übernommen. Foto: W. Gorsboth

                    