Donnerstag, 13.11.2025

Dessau (md/wg). „Nachtland“, ein Schauspiel von Marius von Mayenburg, ist eine bitterböse Komödie, die die Frage nach der Prägung durch die antisemitisch eingefärbte europäische Kulturgeschichte und die Diskussion um das Erbe der deutschen Vergangenheit mit den Erbschaftsstreitigkeiten eines Geschwisterpaares verschränkt. Die Aufführung findet am 16. November um 18 Uhr im Alten Theater/Studio statt, zuvor gibt es eine Werkeinführung um 17.30 Uhr sowie im Anschluss ein Nachgespräch im Foyer.

Lässt sich die Kunst vom Künstler trennen? Mit dieser Frage sehen sich Nicola, Philipp, Judith und Fabian konfrontiert, als sie im Rahmen der Haushaltsauflösung nach dem Tod ihres Vaters bzw. Schwiegervaters auf dem Dachboden ein kleines in Sepia und Braun gehaltenes Aquarell mit dem Motiv einer Kirche finden, das mit „A. Hitler“ signiert ist. Ein erbitterter Streit um das Erbstück entbrennt, nachdem die Expertise einer renommierten Sachverständigen ergibt: Sowohl das Aquarell als auch die Signatur sind echt.

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Wie soll man mit einem solchen Erbstück umgehen? Es zerstören? Als Erinnerung an den Vater behalten? Es verkaufen, doch an wen? An einen Devotionaliensammler oder an eine jüdische Stiftung? Darf man mit einem Hitler-Gemälde überhaupt Geld verdienen, bei dem der Wert nicht durch das Künstlerische, sondern rein durch den Namen des Urhebers bedingt wird? Wie verfährt man mit dem durch den Verkauf erhaltenen Betrag? Investiert man ihn in das eigene Haus? Spendet man ihn, um den Ballast los zu sein und mit dem Geld noch etwas Gutes getan zu haben? Und was erzählt ein solches Erbstück eigentlich über die Haltung der eigenen Vorfahren zum Nationalsozialismus?

Im Rahmen des sich zuspitzenden Konflikts brechen Abgründe auf, die über reine Erbstreitigkeiten hinausgehen. Sie werfen einen tiefen Blick auf die Frage nach der Vergangenheitsbewältigung innerhalb der eigenen Familie und dem latent eingeschriebenen Antisemitismus in der Gesellschaft, der die Kulturgeschichte seit Jahrhunderten stärker prägt als wir zugeben möchten.

Marius von Mayenburg, Jahrgang 1972, ist Regisseur und Autor zahlreicher preisgekrönter Stücke, die in über dreißig Sprachen übersetzt wurden und international gespielt werden. Neben seiner Tätigkeit als Autor arbeitet Marius von Mayenburg auch als Übersetzer, so für Thomas Ostermeiers Shakespeare-Inszenierungen. Seit 2009 ist er regelmäßig mit eigenen Regiearbeiten an der Berliner Schaubühne vertreten, unter anderem mit „Reden über Sex“ von Maja Zade (2021). „Nachtland“ hat er im Auftrag des Royal Court Theatres in London geschrieben. Foto: Anhaltisches Theater Dessau

Von Redaktion

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