Sonntag, 14.12.2025

Wittenberg (md). Seit drei Jahren absolvieren Jugendliche aus El Salvador ihre Ausbildung in Stadt und Landkreis Wittenberg und die ersten von ihnen starten noch in diesem Jahr als Fachkräfte ins Berufsleben.

Wie es ihnen in Wittenberg ergangen ist, welche Hürden die Azubis, die unter anderem im Evangelischen Krankenhaus Paul Gerhardt Stift oder im Pflege & Wohnen Georg Schleusner ausgebildet werden, bewältigen mussten und müssen – darüber sprachen die jungen El Salvadorianer in dieser Woche im Gemeindesaal der Katholischen Kirche mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, der Botschafterin der Republik El Salvador, Florencia Eugenia Vilanova de von Oehsen, Oberbürgermeister Torsten Zugehör, Vertretern der Agentur für Arbeit und Bildungseinrichtungen sowie den Praxis-Ausbildern selbst. Alle waren sich am Ende einig: Das Projekt läuft erfolgreich und soll deshalb 2024 fortgesetzt werden.

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„Dios, Unión, Libertad“ („Gott, Einigkeit, Freiheit“) – mit diesem Wahlspruch El Salvadors wurde der Austauschabend in Form einer Heiligen Messe in der Katholischen Pfarrei eröffnet. Die Auszubildenden aus El Salvador durften dabei den Rahmen selbst gestalten mit Lesungen und Gesangstücken in ihrer Heimatsprache. Nach der Messe ging es in den Räumlichkeiten der katholischen Pfarrei vor allem darum, Erfahrungen auszutauschen und anzusprechen, wo es Verbesserungsbedarf gibt.

„Ich weiß noch, wie alles anfing, keiner glaubte daran, dass dieses Projekt etwas werden würde und ich so viele Azubis finde, die nach Wittenberg kommen, in Deutschland bleiben und Deutsch lernen wollen“, berichtete die Botschafterin. Doch der Oberbürgermeister der Lutherstadt habe alle Türen aufgemacht, auch wenn man ihm eine gewisse Skepsis angemerkt habe.

Die gab es tatsächlich, gibt Torsten Zugehör dann auch schmunzelnd zu: „Ich war wirklich sehr beeindruckt, wie schnell dieses Projekt umgesetzt wurde, Sie alle sind ein absoluter Gewinn für unsere Stadt“, lobte er. Der Dank gelte nicht nur allen Ausbildern, sondern ganz besonders auch den Azubis selbst. Dass diese sich in Wittenberg und Umland wohl fühlen, berichtete Amílcar, der sich bereits im dritten Ausbildungsjahr befindet: „Ich bin sehr zufrieden und überzeugt, dass ich in Deutschland bleiben möchte.“ Die Sprache zu lernen sei am Anfang die größte Schwierigkeit gewesen – auch, weil in Wittenberg manche Wörter doch anders ausgesprochen würden, meinte er lächelnd.

Auf die Nachfrage des Ministerpräsidenten, wo es noch Verbesserungsbedarf gebe, antwortete der junge Mann: „Beim Führerschein. Ich arbeite bei einem ambulanten Pflegedienst – ohne Führerschein wird das schwierig.“ Dr. Haseloff nahm sich des Themas an und versprach, mit dem Verband der Fahrschulen abzustimmen, welche Möglichkeiten es für die Integration von Fachkräften gebe. Dass Führerscheine, die in El Salvador bereits absolviert wurden, in Deutschland mit genutzt werden können, regte die Botschafterin an und will hier ebenfalls behilflich sein.

Was sich die meisten Azubis aus El Salvador wünschen, sei mehr Kontakt zu deutschen Jugendlichen: „Der Kontakt ist manchmal etwas schwierig, nicht nur, weil wir alle mit Anfang 20 ja schon etwas älter sind, sondern es gibt auch unterschiedliche Interessen“, berichtete Herberth, der in Deutschland gelernt hat, dass sein Name hier seine Wurzeln hat. Es gäbe keine Ablehnung der Jugendlichen, nur seien bisher, sicher auch bedingt durch Corona, wenige Freizeitkontakte entstanden. „Im Dienst gibt es eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit, zum Beispiel im Krankenhaus“, ergänzte er.

Oberbürgermeister Zugehör stellte den El Salvadorianern verschiedene Möglichkeiten vor, um auch in der Freizeit mit deutschen Jugendlichen in Kontakt zu kommen, zum Beispiel im Jugendclub „Pferdestall“. „Trauen Sie sich, Sie dürfen selbstbewusst sein, denn Sie sind hier, weil wir Sie brauchen“, fügte Ministerpräsident Haseloff an.

Viel Lob für die Jugendlichen gab es von Mathias Held: Als Leiter der Krankenpflegeschule am Paul Gerhardt Stift erlebt er alle El Salvadorianer des zweiten Durchgangs in der theoretischen Ausbildung: „Ich ziehe den Hut vor dem, was sie leisten müssen, denn der Unterricht erfolgte von Anfang an in deutscher Sprache. Wir erleben alle als sehr kreativ, immer fleißig und sehr interessiert. Deshalb freuen wir uns, das Projekt im kommenden Jahr fortsetzen zu können.“ Damit die Azubis auch im Unternehmen bleiben, erhalten alle bereits nach dem bestandenen Probehalbjahr einen Arbeitsvertrag, ergänzte Birgit Baier, Pflegedirektorin im Paul Gerhardt Stift.

Während die erste Gruppe in Wittenberg in diesem Jahr ihre Ausbildung beendet, wird die zweite Gruppe im Sommer erstmals zu Besuch in die Heimat fliegen. Und hier gab es am Abend des Austauschs für die zwei Auszubildenden im Pflege & Wohnen Georg Schleusner noch eine besondere Überraschung: Das Unternehmen übernimmt die Flugkosten und überreichte die Flugtickets als Überraschung. Und auch die Auszubildenden im Paul Gerhardt Stift erhalten in Kürze ihre Flugtickets für die Heimreise – auch hier übernimmt das Unternehmen die Kosten.

Bild: Diese beiden Azubis aus El Salvador haben ein Flugticket für die Heimreise bekommen: Mit ihnen freuen sich die Botschafterin El Salvadors, Ihre Exzellenz Florencia Eugenia Vilanova de von Oehsen (l,), Ministerpräsident Reiner Haseloff (4.v.r.) und Oberbürgermeister Torsten Zugehör (3.v.l.). Foto: Paul Gerhardt Stift

Von Redaktion