Wittenberg (md). Am Dienstag, dem 3. Oktober, ist Prof. Dr. Matthias Morgenstern um 18.30 Uhr in der Reihe „Luther 1523“ bei den LutherMuseen in Wittenberg zu Gast. In seinem Vortrag im Refektorium unter dem Titel „Das Wort sie sollen lassen stahn!“ beleuchtet er Luthers Kabbala-Angst als Schlüssel zum Verständnis seiner Judenfeindschaft. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung im Servicebüro der LutherMuseen wird gebeten, per Mail an service@luthermuseen.de oder telefonisch unter 03491/42 03 171.
Als Martin Luther das Alte Testament aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzte, war er auf die Vorarbeit jüdischer Gelehrter angewiesen. Die Begegnung mit der jüdischen Bibelauslegung wurde für ihn aber zu einem verstörenden Erlebnis. Im Midrasch, der biblische Texte narrativ-fantasievoll auslegt, nahm er zum einen Lügengespinste wahr.
Zum anderen sah er in der jüdischen Fixiertheit auf die Buchstaben des hebräischen Alphabets Formen religiös verbotener „Zauberei“. Der leidenschaftlichste und obszönste Ausdruck seiner Judenfeindschaft erwuchs jedoch aus dem Versuch, diese beiden Gestalten der Kabbala – also der dichterischen Freiheit im Midrasch und dem magischen Buchstabenglauben – zu bannen. Luthers Judenfeindschaft erscheint dabei als dunkler Schatten seiner Fixiertheit auf das „Wort“.
Prof. Dr. Matthias Morgenstern studierte Evangelische Theologie in Tübingen, Zürich und Bern bevor er einen zweijährigen Aufenthalt in Israel im Rahmen der „Aktion Sühnezeichen“ absolvierte. Im Anschluss widmete er sich dem Studium der Judaistik in Heidelberg und Berlin. Es folgte eine Anstellung als wissenschaftlicher Assistent für Altes Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Tübingen und als evangelischer Pfarrer in Vaihingen (Enz). Seit 1999 lehrt und forscht er am Institutum Judaicum der Universität Tübingen und publiziert unter anderem zu Martin Luthers Judenschriften.